Jeder kennt den Großen Tümmler (Tursiops truncatus), selbst dann wenn man ihn nicht diesem Namen zuzuordnen weiß, sondern nur als Delfin, denn er ist „der“ Delfin schlechthin. Das mag unter anderem am enormen Verbreitungsgebiet liegen, welches im Prinzip außer in den nördlichsten und südlichsten Breiten so gut wie alle Ozeane und Meere der Welt umfasst. Bereits die mediterranen Kulturen der Antike kannten den Großen Tümmler, wenngleich sie ihn in den seltensten Fällen auch nur einigermaßen realistisch portraitierten, sondern in der Regel nur in stark abstrahierter Form. Aber spätestens seit „Flipper“ weiß jeder wie sie wirklich aussehen, etwa zwischen zwei und zweieinhalb Meter lang, eher schlank, mit ausgeprägtem Schnabel und natürlich delphingrau. Oder?
Tatsächlich gibt es innerhalb der Art einige teilweise beträchtliche Unterschiede bezüglich der Morphologie, was in Anbetracht des beinahe globalen Vorkommens und den damit einhergehenden Unterschieden der Lebensräume auch wenig verwunderlich ist. Am stärksten vom Normaltypus weichen die am nördlichsten lebenden Großen Tümmler ab, welche die Nordsee um Schottland an der Küste von Moray Firth bewohnen. Sie sind mit Längen bis zu 4 m und Gewichten bis zu 650 kg nicht nur außergewöhnlich groß, sondern zeigen auch eine Reihe anderer Besonderheiten. Dazu zählt zum einen die deutlich dunklere Färbung, die durch besonders viel Blubber kompaktere Körperform, der im Verhältnis zur Körpergröße proportional kleiner aussehende Kopf, und die oft sehr stark ausgeprägte Melone, welche häufig besonders weit über den Schnabel reicht.
Erstaunlicherweise entwickeln sich diese Merkmale aber erst mit zunehmendem Altern, die Jungtiere sind fast nicht vom normalen Delfin-Typus zu unterscheiden, wie man auf diesem Photo eines Weibchens mit zwei Jungtieren sieht (Quelle: Wikipedia):
Um den massiven Unterschied in der Größe noch einmal zu verdeutlichen, habe ich eine Illustration von Wikipedia etwas modifiziert, wobei hier natürlich nicht die Unterschiede in den Körperproportionen dargestellt sind. Der obere Große Tümmler hat eine Länge von etwas 2,4 m, während der andere knapp 4 m misst. Leider ist der Taucher nicht sehr gut dargestellt, und durch die langen Flossen sieht er natürlich viel größer aus als er tatsächlich wäre.
Die Unterschiede in der Größe und dem Aussehen sind sicherlich eine Anpassung an den Lebensraum, und besonders an die kalten klimatischen Verhältnisse, was zur Entwicklung von besonders großen und fetten Tümmlern geführt hat. Interessant ist auch dass erhöhte Körpergröße häufig mit weiteren Änderungen der Morphologie einhergeht, vor allem mit zunehmendem Alter. Das müssen nicht einmal in irgendeiner Weise genetisch fixierte Merkmale sein, da bereits verstärktes Körperwachstum einen Einfluss auf die Körperform und Proportionen haben kann. Das liegt unter anderem daran dass bei einem länger anhaltendem Wachstum verschiedene Körperregionen unterschiedlich stark wachsen, sowie daran dass sich bei unterschiedlicher Größe aus Gründen der Biomechanik Knochen und Muskeln teilweise veränderten Belastungen anpassen müssen. Eigentlich ist das schon wieder ein Thema für sich, wofür es auch noch einige bessere Beispiele gibt, aber der bisherige Plan von mir sah eigentlich vor erst einmal eine Reihe über Wale zu schreiben.