Weiter geht es mit einem wenig bekannten, aber dafür umso interessanteren Reptil, dem Neuguinea-Flossenfuß (Lialis burtonis). Flossenfüße kommen ausschließlich auf Australien und Tasmanien, sowie mit zwei Arten vertreten auch in Neuguinea vor. Sie zeichnen sich durch eine sehr langgezogene schlangenartige Gestalt aus, wobei die Vorderextremitäten völlig zurückgebildet, und die Hinterbeine lediglich noch in Form kleiner flossen-oder paddelförmiger Strukturen erhalten sind. Trotz dieser recht extremen Modifizierung des normalen Echsen-Bauplans sind die Flossenfüße nahe mit den Geckos verwandt, und stehen innerhalb der Geckoartigen (Gekkota) den Doppelfingergeckos (Diplodactylidae) Australiens, Neuseelands und Neukaledoniens am nächsten.
Einige Arten haben ungeachtet des schlangenartigen Körper noch Köpfe die sehr an normale Geckos erinnern, andere hingegen haben hochmodifizierte Schädelformen entwickelt, welche praktisch keine Verbindung mehr zu ihrer vierbeinigen Verwandtschaft erahnen lässt.
Einer der am stärksten spezialisierten Flossenfüße ist der Neuguinea-Flossenfuß, welcher übrigens ungeachtet seines Namens auch den Großteil Australiens besiedelt. Im Reptilienhaus des Zoos Hellabrunn in München hatte ich vor etwa drei Jahren die Gelegenheit diese hochinteressante Art einmal in natura zu sehen:
Mit Längen bis zu 75 cm ist der Neuguinea-Flossenfuß vergleichsweise riesig, und länger als jeder Gecko, inklusive des vermutlich ausgestorbenen circa 60 cm langen Delcourt´s Riesengecko Hoplodactylus delcourti, wenngleich natürlich auch nicht ganz so massig wie die größten echten Geckos. Wie enorm lang der Neuguinea-Flossenfuß ist, kann man hier ganz gut sehen, wobei – im Gegensatz zu Schlangen- der Schwanz um ein vielfaches Länger ist als der eigentliche Körper:
Das andere im Terrarium gehaltene Exemplar (auch gut unterscheidbar an der anderen Färbung) war erheblich kürzer, vermutlich hat es irgendwann einmal seinen Schwanz eingebüßt, welcher dann nicht mehr vollständig nachgewachsen ist.
Der Neuguinea-Flossenfuß ist ein hochspezialisierter Echsenfresser, welcher sich vor allem von kleinen Skinken ernährt, wobei in seltenen Fällen auch andere Flossenfüße, Agamen, Geckos und sogar kleine Schlangen erbeutet werden. Als Anpassung an diese Beutetiere haben sie sehr lange schmale Kiefer, wobei die Knochen an verschiedenen Stellen des Schädels flexibel miteinander verbunden sind, und im hinteren Kieferbereich selbst bei komplett geschlossenem Maul noch eine weiten Abstand voneinander haben, so dass sie ihre Beutetiere wie mit einer Beißzange umschließen können. In dieser Position halten sie ihre Beute teilweise über eine Stunde lang fest, bis sie gefahrlos verschlungen werden kann. Dabei helfen auch die spitzen, nach hinten gekrümmten und leicht beweglichen Zähne die Beutetiere festzuhalten und am Entkommen zu hindern.
Eine weitere Besonderheit ist die Art des Beuteerwerbs. Neuguinea-Flossenfüße gehören zu den wenigen Reptilien die, zumindest gelegentlich, Beutetiere mit Bewegungen ihres Schanzes anlocken. Dies geschieht vor allem dann wenn ein potentielles Beutetier beim ersten Angriff nicht sofort erwischt wurde, oder wenn der Flossenfuß schon länger nichts mehr gefressen hat.
Werden Neuguinea-Flossenfüße selbst angegriffen, haben sie die Möglichkeit zu versuchen sich durch Autotomie zu retten und ihren Schwanz abzuwerfen. Bevor sie eine derartig drastische Rettungsmaßnahme in Betracht ziehen, geben sie aber erst einmal Geräusche ab um potentielle Angreifer zu verwirren und abzuschrecken, übrigens ebenfalls ein Verhalten das sich bei vielen Geckos findet.
Eine weitere Gemeinsamkeit welche die nahe Verwandtschaft zu den Geckos nahe legt zeigt sich bei der Fortpflanzung. Genau wie Geckos haben Flossenfüße üblicherweise aus nur zwei Eiern bestehenden Gelege, wobei nicht selten mehrere Weibchen die gleichen Ei-Ablagestellen benutzen, so dass sich teilweise bis zu 20 Eier zusammen finden.
Hier sieht man noch einmal ein Detailphoto einer der beiden kleinen Hinter-„Flossen“:
Die Anzahl der ungewöhnlichen Verhaltensweisen oder seltsamer anatomischer Begebenheiten bei Flossenfüßen ist damit aber noch lange nicht abgedeckt. So verbleibt noch weitere Gelegenheit diese vielleicht irgendwann einmal in einem Beitrag über die zweite Unterfamilie innerhalb der Flossenfüße auszuführen, den Pygopodinae.
Interessanter Artikel mit interessanten Einblicken in eine tatsächlich kaum bekannte Art.
Angeblich wird in Hagenbeck eine weitere Art der Flossenfüße gehalten, der Spitzkopf-Flossenfuß Lialis burtonis. Ich weiß allerdings nicht seit wann und wo, gesehen habe ich ihn im letzten Jahr nicht.
Grüße
Martin
Hört sich interessant an. Leider war ich schon seit vielen Jahren nicht mehr in Hamburg.
Die Tierwelt Neuguineas wird auch auf den Briefmarken des Landes eindrucksvoll dargestellt. Wenn Sie sich darüber informieren wollen, schauen Sie doch mal auf meine Homepage.
Habe es mir mal angesehen, da sind wirklich sehr schöne Sachen dabei.