Naturerkundung auf Kreta Teil 1: Auf der Halbinsel Rodopou

Unter anderem um dem mehr als nur bescheidenem deutschen Frühjahrswetter zu entkommen, habe ich vor kurzem zwei Wochen Urlaub auf Kreta verbracht. Abgesehen von dem dringenden Bedürfnis einmal wieder etwas Sonnenschein abzubekommen und das Meer zu sehen, wollte ich vor allem die Natur auf Kreta erkunden. Trotz der Tatsache dass diese Insel zum Großteil vom Tourismus lebt, gibt es dennoch noch teilweise erstaunlich große kaum besiedelte Regionen, und wirklich spektakuläre Landschaften. Aufgrund der Tatsache dass Kreta als südlichste Insel Griechenlands auch am stärksten geographisch isoliert ist, finden sich dort bei weitem nicht so viele Arten wie auf dem griechischen Festland, sowie den ihm näher gelegenen Inseln. Dafür finden sich einige Endemiten, sowie vor allem insbesondere in der Vogelwelt einige ansonsten überaus seltene Arten in noch vergleichsweise hoher Zahl.

Auf der Halbinsel Rodopou

Da der Urlaub praktisch ausschließlich zum Wandern geplant war, habe ich mir einen Region im Westen der Insel gesucht, da es gerade dort eine große Anzahl von sehr schönen Regionen gibt, welche man mit einem in der Regel vergleichsweise geringen Aufwand erreichen kann. Letztendlich habe ich es in den zwei Wochen auch geschafft, den Großteil der Orte zu besuchen, die ich mir vorgenommen hatte. Zwar habe ich nicht alle Tiere gesehen die ich gehofft hatte zu entdecken, aber dennoch war der Urlaub eine außerordentlich interessante Erfahrung. Was mir besonders gut gefallen hat, ist die große Anzahl unterschiedlicher Landschaften auf einem vergleichsweise geringen Raum, beispielsweise auf der Halbinsel Rodopou, welche sich direkt westlich des kleinen Ortes Kolimvari etwa 18 km nach Norden erstreckt. Abgesehen von ein paar kleinen Bergdörfern, welche aber ohnehin im südlichen Teil gelegen sind, ist die Halbinsel praktisch unbesiedelt, und bietet weite Landschaften, die praktisch völlig menschenleer sind. Da ich diese Halbinsel vom Hotel aus zu Fuß erreichen konnte, war sie mehrfach Ziel meiner Ausflüge, wenngleich ich einige Zeit benötigte, um trotz Satelitenkarten die richtigen Wege zu finden.
Dabei sind es nicht nur die Naturlandschaften, sondern auch die Kulturlandschaften wie etwa die zahllosen Olivenhaine, in denen man immer wieder interessante Entdeckungen machen kann. So habe ich beispielsweise gleich am zweiten Tag direkt am Ortsrand auf einigen Telefon-oder Stromleitungen ein paar Bienenfresser (Merops apiaster) entdeckt. Das war auch insofern erstaunlich, als dass ich während der restlichen Zeit nur noch ein einziges Mal einen weiteren Bienenfresser gesehen habe. Leider sieht man auf den Photos trotz maximalen Zooms der Kamera aufgrund der Entfernung nicht allzu viel, daher musste ich das Bild entsprechend stark zuschneiden:

Bienenfresser

Die außerordentliche Farbenpracht der Bienenfresser kommt darauf auch kaum zur Geltung. Diese eigentlich eher in wärmeren Gebieten lebenden Vögel kommen übrigens auch in einigen wenigen Regionen Deutschlands vor, etwa am Kaiserstuhl. Ich habe auch einige andere, wenngleich auch nicht so spektakulär gefärbte Vögel gesehen, beispielsweise Neuntöter, doch aufgrund ihrer geringen Körpergröße und den üblicherweise großen Entfernungen sind sie auf den Bildern in aller Regel nicht gut zu erkennen.

Die ersten Kilometer führte mich mein ziemlich steiliger Weg vor allem durch verschlungene Olivenhaine, und bereits von dort aus konnte man das wunderschöne Panorama mit den noch auf den Gipfeln mit Schnee bedeckten Bergen im Inselinneren bewundern.

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An vielen klimatisch geeigneten Stellen Kretas findet man Agaven, teilweise von erheblicher Größe. Ursprünglich waren diese aber nicht im Mittelmeerraum beheimatet, sondern wurden aus Südamerika eingeführt.

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Die Olivenbäume stehen in der Regel in dichten, beinahe Wald-ähnlichen Hainen, doch teilweise auch deutlich weiter voneinander entfernt, was natürlich wiederum Lebensraum für Tier-und Pflanzenarten schafft, welche mehr Sonne bevorzugen.

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Erfreulicherweise sind die Olivenhaine auch keine reinen Monokulturen, und man sieht auch immer wieder andere Bäume un Sträucher dazwischen wachsen. Einige dieser Olivenbäume sind offensichtlich bereits uralt, und vielfach innen vollkommen ausgehöhlt, und mit enormen Durchmessern, wie etwa dieser Stamm, der etwa zwei Meter breit war.

Olivenbaum

Insgesamt habe ich nur recht wenige Tiere auf Rodopou gesehen, gelegentlich Mauereidechsen, einmal in einem der Olivenhaine ein Paar adulter Riesensmaragdeidechsen sowie ein paar Jungtiere. Trotz gründlicher Suche konnte ich nur sehr wenige Insekten ausmachen. Gelegentlich sah man Schmetterlinge, etwa die großen Schwalbenschwänze (Papilio machaon), und immer einmal wieder entdeckte ich eine der großen Ägyptischen Wanderheuschrecken (Anacridium aegyptium):

Anacridium aegyptium

Im Vergleich zum griechischen Festeland, wo man eine ganze Heerschaar von Reptilien findet, ist Kreta sehr artenarm, unter den Echsen findet man beispielsweise lediglich die Kretische Mauereidechse (Podarcis cretensis), welche inzwischen auch nicht mehr als Unterart der weit im Mittelmeerraum verbreiteten Kykladen-Mauereidchse gilt, die Riesensmaragdeidechse (Lacerta trilineata), den Gefleckten Walzenskink (Chalcides ocellatus) sowie drei Arten von Geckos, den Europäischen Halbfinger (Hemidactylus turcicus), den Mauergecko (Tarentola mauritanica) und den Ägaischen Nacktfinger. (Mediodactylus kotschyi) – (s)sp. bartoni. Von den anscheinend eher lokal verbreiteten Geckos konnte ich allerdings in zwei Wochen keine einzige Art entdecken. Der Mauergecko scheint ohnehin nicht ursprünglich auf Kreta heimisch gewesen zu sein, sondern ist wahrscheinlich erst mit Schiffen dorthin gelangt.

Dafür sah ich aber immerhin einige Kretische Mauereidechsen, allerdings nicht so viele, wie teilweise in anderen Gegenden der Insel. Es ist wirklich überraschend, wie variabel sie in ihrer Färbung sind.

Podarcis cretensis (1)

Podarcis cretensis (2)

Podarcis cretensis (3)

 

Podarcis cretensis

Dieses Exemplar war gerade dabei sich zu häuten, und man sieht wie die Haut etwa in der Mitte des Bauchs umgestülpt ist. Eidechsen häuten sich üblicherweise nicht wie Schlangen am Stück, sondern verlieren ihre alte Haut fetzenweise.

 

Podarcis cretensis (4)

 

Die erste Riesensmaragdeidechse die ich photographieren konnte, allerdings handelte es sich noch um ein Jungtier, weshalb die namensgebende Farbe noch nicht so stark ausgeprägt war wie bei erwachsenen Exemplaren. Man kann sie auf den ersten Blick leicht mit den Mauereidechsen verwechseln, was mir auch teilweise passiert ist. Allerdings kann man auch auf bräunlicher Grundfärbung gut die drei hellen Streifen (der Name Lacerta trilineata passt wirklich gut!) sehen, selbst wenn das zuweilen erst der Fall ist, wenn man sich später in Ruhe das Photo ansehen kann.

Junge Riesensmaragdeidechse,

Auf Rodopou sah ich auch zwei Walzenskinke, allerdings jedes mal nur für wenige Augenblicke, so dass ich leider keine Photos machen konnten. Beides mal war es in sehr trockenen und steinigen Gelände. Leider sollten es auch die einzigen Skinke gewesen sein, welche ich in den zwei Wochen auf der Insel sah. Ich kenne mich mit Blumen nicht allzu gut aus, daher kann ich leider nicht sagen um was für eine Art es sich hier handelt, doch ich vermute dass es eine Orchidee ist:

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Trotz hochauflösender Satelitenkarten kann das Finden der richtigen Wege zuweilen – gelinde gesagt – schwierig sein. Darum kann es oft hilfreich sein, sich gut sichtbare Wegmarken zu suchen, wie etwa dieser über die Olivenbäume ragende abgestorbene Baum, der weithin sichtbar gewesen ist.

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Der Südteil ist an der Basis der Halbinsel noch größtenteils von Olivenbäumen bewachsen ist, doch je weiter nach Norden es geht, umso karger und felsiger wird die Vegetation. Hier sieht man eine große Höhle, in der Kolkraben ihr Nest hatten:

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Einheimische Säugetiere gibt es aufgrund der isolierten Lage Kretas nur sehr wenige, umso erfreuter war ich darum, am hellichten Tag ein Mauswiesel (Mustela nivalis) vor mir auf dem Weg zu entdecken:

Mauswiesel

Im Mittelteil von Rodopou findet sich zwar bereits viel nacktes Gestein, doch auch noch zumindest an manchen Stellen viele Stäucher, Büsche, und teilweise auch noch Bäume und üppig bewachsenen Boden.

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Doch je weiter man nach Süden kommt, umso trockener und karger wird die Landschaft, bis es nur noch vereinzelte Büsche und kaum noch Bäume gibt. Über diesen Berghängen konnte ich auch fünf oder sechs Gänsegeier beobachten.

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Etwa in der Mitte der Halbinsel erstreckt sich eine talähnliche Ebene, welche an den Seiten von Bergen flankiert ist.

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An einigen Stellen konnte sich allem Anschein nach mehr Wasser halten, was sich dann auch in einer deutlich frischeren Vegetation an diesen Orten zeigte.

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Das nördlichste Drittel von Rodopou ist extrem karg, es gibt keinerlei Bäume mehr, es ist ausgesprochen trocken und die Landschaft wird von teilweise äußerst bizarren Steinformationen geprägt.

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Für einen Geologie-Interessierten wäre diese Gegend sicherlich ausgesprochen interessant, da hier zahlreiche unterschiedliche Gesteinsformationen und -arten zu finden sind, und auch die Pflanzenwelt ist wirklich sehenswert. Tiere findet man hier allerdings kaum noch, außer höchstens ein paar wenigen Insekten, Eidechsen oder Vögeln, sowie den praktisch überall zu findenden herumstreifenden Ziegen und Schafen.

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Was mich wirklich besonders beeindruckt und fasziniert hat, ist die enorme Weite in der Mitte der Halb, auf der sich außer einem staubigen Weg praktisch kein Anzeichen menschlicher Anwesenheit findet, und man vielle Kilometer laufen kann, ohne auch nur einer einzigen Person zu begegnen.

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Teilweise haben Schäfer an manchen Stellen Gruben gegraben, um dort das Regenwasser aufzufangen, allerdings konnte ich nur in einer einzigen Grube auch tatsächlich Wasser finden. Außer einigen Libellen beherberge dieses Wasserloch auch zahllose Kaulquappen, was durchaus sehr erstaunlich ist, da es auf Kilometer im Umkreis praktisch kein Oberflächenwasser gibt.

DSC07210 Zugegeben, Schwalben gibt es auch bei uns, aber diese saß so photogen auf einer Leitung nahe dem südlichen Ansatz von Rodopou, und war einer der wenigen Wildvögel die ich gut photographieren konnte, daher habe ich sie hier stellvertretend für die anderen Vögel von denen ich gar keine, oder nur schlechte Bilder machen konnte, auch noch aufgeführt.

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Ich bin insgesamt drei mal auf Rodopou gewandert, allerdings nur ein einziges Mal bis nahe an die Nordspitze, wobei diese sich über neun Stunden und etwa 46 km ziehende Tour wirklich eine der schönsten und interessantesten während des ganzen Urlaubs gewesen ist. Allgemein kann ich nun auch aus eigener Erfahrung raten, bei solchen Wanderungen auf einige Dinge zu achten, wie es ja auch immer wieder in Reiseführer geschrieben wird. Zum einen sollte man gute Schuhe anhaben, da das Gelände oft steil und steinig ist. Ganz wichtig ist es auch, genügend Wasser mit sich zu führen, und ich meine wirklich genügend. Wenn absehbar ist, dass man bald etwa die Hälfte des Vorrats verbraucht hat, sollte man im Zweifelsfall lieber umkehren, damit man auch genügend für den Rückweg hat. Ich habe in der Regel drei Liter Wasser dabei gehabt, aber gerade bei der 46 km-Tour, bei der es die meiste Zeit an die 30°C hatte, war dies eigentlich immer noch zu wenig. Ebenfalls essentiell wichtig ist Sonnenschutz, man sollte daher unbedingt eine gute Sonnencreme mit sich führen, und auch an den exponiertesten Stellen im Zweifelsfall immer mal wieder nachcremen, auch ist es absolut angeraten, eine Kopfbedeckung zu tragen. Dabei sind vor allem solche praktisch, die auch den Nacken zumindest teilweise auch vor Sonne schützen. Ein anderes Utensil, das sich immer wieder als hilfreich erwiesen hat, ist ein Kompass. Gerade in den Olivenhainen mit den vielen gewundenen Pfaden, kann man leicht einmal die Orientierung verlieren, und da es selbst mit Hilfe von Satelitenkarten geradezu katastrophal schwierig sein kann die richtigen Wege zu finden (viel Wege haben die unangenehme Eigenschaft sich einfach irgendwann im Gebüsch zu verlieren), ist es manchmal am besten, sich einfach nach den Himmelsrichtungen zu orientieren. Ein großes Problem besteht darin, dass selbst Wege die laut Satelitenkarten eigentlich gut erkennbar sein müssten, teilweise entweder anders verlaufen als angegeben, oder kaum oder gar nicht als Wege erkennbar sind. Ich habe mich einige Male arg verlaufen, und habe zahlreiche Sackgassen „erkundet“. Nichtsdestotrotz muss man sagen, dass es wirklich sehr hilfreich sein kann, wenn man sich die Arbeit macht, selbst eine hochauflösende Karte von Satelitenbilden zusammen zu stellen, etwa über Google Maps, die man sich dann beispielsweise einfach auf ein Smartphone übertragen kann.

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Fossile Riesenfische Teil 3: Der Riesenquastenflosser Mawsonia

Quastenflosser sind definitiv unter den bekanntesten „Urfischen“ überhaupt,  was nicht nur an ihrer ungewöhnlichen Anatomie, sondern auch an ihrer Stellung innerhalb der Entwicklung der Landwirbeltiere liegt (deren direkte Vorfahren sie im Übrigen nicht sind). Hinzu kommt natürlich der Umstand dass man sie einstmals für komplett ausgestorben hielt, und dann eine überlebende Art 1938 vor den Komoren wiederentdeckt wurde, sowie 1997 eine weitere Art vor Sulawesi. Dass die Quastenflosser aber früher eine recht formenreiche Gruppe waren, unter der sich eine Reihe von sehr ungewöhnlichen, und teilweise auch extrem großen Arten befanden, ist beinahe unbekannt.

Das ist umso bedauerlicher in Anbetracht der Tatsache, dass die Quastenflosser ein paar der größten Knochenfische der Erdgeschichte hervorgebracht haben. Bereits die modernen Quastenflosser sind relativ groß, der Komoren-Quastenflosser kann bis knapp 2 m lang werden (was jedoch extrem selten ist), vom weniger erforschten Mandao-Quastenflosser weiß man dass er immerhin bis mindestens 1,4 m lang wird. Doch einige der ausgestorbenen Riesenquastenflosser wären groß genug gewesen um selbst einen so großen Fisch am Stück zu verschlingen.

Es gab mehrere Gattungen von großen bis riesigen Quastenflossern, von denen  Mawsonia gigas am größten wurde. Im Gegensatz zu den modernen Quastenflossern lebte Mawsonia in Süßwasser und teilweise auch Brackwasser, was umso erstaunlicher ist, wenn man bedenkt wie riesig diese Fische werden konnten. Man hat von Mawsinia einige überaus gut erhaltene Fossilien gefunden, sowohl komplett erhaltene Schädel, wie auch ganze Skelette, so dass man eine sehr gute Vortstellung davon hat, wie dieses Tiere ursprünglich ausgesehen haben. Die besterhaltensten Fossilien stammen aus Brazilien, wo auch das Fragment des größten bisher bekannt gewordenen Exemplares gefunden wurden. Dieses hatte eine vermutete Gesamtlänge von etwa 6,3 m, womit es nahe an der nachgewiesenen Maximalgröße des Weißen Haies heranreichte. Das größte von Fossilien bekannte Exemplar aus Ägypten maß immerhin etwa 4,5 m. Die Mawsoniidae kamen von der Mitteltrias bis zur Oberkreide vor, und man hat ihre Überreste sowohl in Nord-und Südamerika, als auch in Nord-und Westafrika gefunden. Da diese Quastenflosser keine Meeresbewohner waren, müssen die süd-und nordamerikanischenPopulationen nach der Entstehung des Südatlantiks voneinander getrennt gewesen sein.

Hier eine wunderbare Lebendrekonstruktion, welche das größte Exemplar von Mawsonia libyca aus Ägypten sowie das 6,3 m lange Exemplar von Mawsonia gigas aus Brasilien zeigt, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Joschua Knüppe.

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Eine besonders schöne Darstellung von Mawsonia libyca im natürlichen Lebensraum zusammen mit Retodus tuberculatus, ebenfalls von Joschua Knüppe, wobei mir der Spinosaurus-Schädel als dekoratives Element ganz besonder gut gefällt. Das ganze ist so dargestellt, als würden sie sich in einem Großaquarium befinden, darum auch die menschlichen Silhouetten im Vordergrund, was ebenfalls sehr anschaulich die Größe dieser Fische verdeutlicht:

Mawsinia und Retodus tuberculatus von Joschua Knüppe

Hier sind noch ein paar phantastische Photos einer Skelettrekonstruktion von Mawsonia die mein Freund Hirokazu Tokugawa im Naturhistorischen Museum in Gunma, Japan aufgenommen hat.

Mawsonia

Detailansicht des Schädels:

Mawsonia

Der Schädel allein war bei diesem Exemplar bereits beinahe einen Meter lang. Entsprechend große Beutetiere dürften auch in ihr Maul gepasst haben:

Mawsonia frontal

Hier noch Photo eines anderen Mawsonia-Schädels (von Wikipedia):

Mawsonia-Schädel

Mawsonia war im Übrigen nicht einfach eine Riesenversion des „klassischen“ Quastenflossers, sondern unterschied sich in einer Reihe von Merkmalen von den heutigen Arten. Vor allem die Proportionen des Kopfes sind unterschiedlich, denn er war bei Mawsonia langezogener und nach vorne hin abgeflachter, wie man auch bei diesem komplett erhaltenen Fossil der mit Mawsonia verwandten Art Axelrodichthys araripensis besonders gut sehen kann  (von Wikipedia):

Axelrodichthys araripensis

Hier ist zum Vergleich noch einmal ein moderner Quastenflosser (Latimeria chalumnae) aus dem Zoologischen Museum in Kopenhagen. Man sieht wie sich die Proportionen im Vergleich zu Mawsonia unterscheiden, vor allem im Kopfbereich. Die kleine „Flössel“ am Schwanzende fehlt bei diesem Exemplar übrigens.

Quastenflosser im Zoologischen Museum Kopenhagen

 

Das ist nun vorerst der letzte Teil in der Reihe über riesige fossile Fische. Sie soll irgendwann einmal weiter geführt werden, doch zuerst möchte ich mit einer anderen Reihe fortfahren.

Quellen:

MARISE S. S. DE CARVALHO1 & JOHN G. MAISEY2

New occurrence of Mawsonia (Sarcopterygii: Actinistia) from theCretaceous of the Sanfranciscana Basin, Minas Gerais, southeastern Brazil

 

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Fossile Riesenfische Teil 2: Riesenlungenfische

Im letzten Beitrag über den Riesenflösselhecht Bawitius wurde bereits vielfach eine andere Unterklasse der Fische erwähnt, die Lungenfische. Es gibt drei rezente Arten von Lungenfischen, welche drei verschiedenen Familien angehören. Die meisten Arten, nämlich insgesamt vier der Familie Protopteridae, kommen auf dem afrikanischen Kontinent vor, mit Lepidosiren paradoxa eine in Südamerika, und eine weitere in Australien, der Australische Lungenfisch Neoceratodus forsteri. In vieler Hinsicht ist der Australische Lungenfisch der ursprünglichste unter ihnen, und ähnelt noch am stärksten den ältesten Formen, aus deren Verwandtschaftskreis auch die Landwirbeltiere hervorgingen. Lungenfische können teilweise recht groß werden, der Äthiopische oder Marmorierte Lungenfisch (Protopterus aethiopicus) soll  bis zu zwei Meter lang werden, wobei die größten Exemplare von denen ich Photos finden konnte, eher im Bereich von etwa 1,5 m lagen. Der deutlich stämmiger gebaute Australische Lungenfisch erreicht ausnahmsweise Längen von etwa 1,5 m, und bis zu etwa 43 kg, bleibt aber meistens kleiner. Wie so oft kursieren sehr obskure (und falsche) Angaben über Längen und Gewichte, wie etwa eine Maximallänge von 1,75 m bei 10 kg Gewicht bei der deutschen Wikipedia-Seite. Wie ein so kompakter Fisch bei der Länge eines erwachsenen Menschen nur 10 kg wiegen soll, hat sich allem Anschein nach niemand gefragt. Ich habe daher einmal nach einem besseren Vergleich gesucht, und die durchschnittlichen Maße von Australischen Lungenfischen im Burnett-Fluss herangezogen, welche bei 906 ± 199 mm Länge und 7573 ± 4563 g Gewicht lagen (Brooks & Kind 2002).

Aber einmal unabhängig von der tatsächlichen Maximalgröße lebender Lungenfische, erscheinen doch selbst diese recht groß werdenden Fische wie Zwerge, wenn man sie mit ihren fossilen Verwandten vergleicht. Im gleichen Ökosystem in dem einst auch Bawitius vorkam, lebten auch gigantische Lungenfische der Art Retodus tuberculatus. Diese erreichten Längen von etwa 3,5 m, also in etwa so viel wie ein größeres modernes Krokodil. Allerdings lebten in eben jenem Gebiet noch ein erheblich größeres Krokodil, nämlich Sarcosuchus imperator, sowie Spinosaurus, weshalb man stark davon ausgehen kann, dass selbst dieser Riesenfisch zur Beute von noch größeren Raubtieren gehörte. Dabei sind Lungenfische selbst Räuber, die sich von Fischen, Amphibien, Würmern, Insektenlarven sowie hartschaligen Weichtieren wie Krebstieren, Muscheln und Schnecken ernähren. Teilweise werden auch Pflanzen gefressen, allerdings scheinen diese zumindest teilweise unbeabsichtigt beim Verschlingen von Beutetieren mitgefressen zu werden. Höchstwahrscheinlich wird die Nahrung der Riesenlungenfische eher auf größere Beutetiere ausgerichtet gewesen sein, und vor allem die riesigen massiven Zahnplatten (auf welche weiter unten noch mal genauer eingegangen wird), deuten auf eine gewissen Spezialisierung auf hartschalige Nahrung hin. Aber welche hartschalige Beute wird wohl ein dreieinhalb Meter großer Lungenfisch gefressen haben? Höchstwahrscheinlich nicht nur kleine Muscheln, Schnecken oder Krebstiere. Vermutlich standen dafür Schildkröten häufiger auf dem Speiseplan, und besonders kleinere Exemplare dürften für die Kiefer kein Problem dargestellt haben. Wasserschildkröten können in aquatischen Ökosystemen teilweise erstaunlich große Biomassen bilden, weshalb es auch nicht allzu abwegig erscheint, dass sie einen wichtigen Nahrungsbestandteil gewisser großer Räuber ausmachen können. Auch unter manchen Arten von modernen Crocodiliern spielen zumindest lokal Schildkröten eine wichtige Rolle bei der Ernährung. In Anbetracht der Tatsache dass Lungfische allgemein recht aggressive Räuber sind, kann man auch gut davon ausgehen, dass sie auch alle möglichen anderen Wirbeltiere in ihren Speiseplan aufnahmen wenn sich die Gelegenheit bot, seien es im Wasser schwimmenden Reptilien, Vögel oder sogar kleine Dinosaurier.

Hier eine sehr schöne Darstellung von Retodus tuberculatus von Joschua Knüppe:

Retodus tuberculatus 3,5 m

Ein Lungenfisch von dreineinhalb Meter ist schon ziemlich riesig, aber es gab sogar noch größere. Erst kürzlich, nämlich im Jahr 2011, wurde ein riesiger Ceratodus-Zahn aus Nebraska beschrieben. Dieser Unterkieferzahn war 117 mm lang, und damit 17 mm länger als der größte Retodus tuberculatus-Zahn aus Afrika. Ich habe Joschus Darstellung noch einmal etwas abgewandelt und leicht vergrößert, um auch eine Darstellung dieser Art zu zeigen:

Ceratodus sp. 4 m, Nebraska

Von diesem Riesenlungenfisch kennt man leider nicht mehr als eine der riesigen Zahnplatten, daher ist natürlich nicht völlig sicher wie sie tatsächlich zu Lebzeiten ausgesehen haben. Allerdings sind die Zahnplatten denen moderner Australischer Lungenfische extrem ähnlich, welche zudem in ihrer Körperform anderen besser bekannten archaischen Arten immer noch so ähnlich sind, dass es sicher nicht zu weit gegriffen ist, sie als direkte Referenz zu verwenden. Wie extrem groß diese Riesenlungenfische wie Retodus tuberculatus und die noch größere Art aus Nordamerika waren, zeigt sich auch wenn man ihr Gewicht betrachtet. Ausgehend von den zu Anfang erwähnten Durchschnittsgewichten moderner Australischer Lungenfische komme ich für ersteren auf ein Gewicht von etwa 437 kg, was weitaus schwerer als fast alle heutigen Süßwasserfische ist, und lediglich noch von einigen anadromen Stören übertroffen wird, die aber einen großen Teil ihres Lebens im Meer verbringen. Für den Riesenlungenfisch aus Nebraska komme ich bei 4 m Länge sogar auf ein Gewicht von 652 kg. Das ist mehr als viermal so schwer wie die größten dokumentierten Europäische Welse, etwa dreimal so viel wie die schwersten südamerikanischen Piraibas und mehr als doppel so schwer wie die größten Mekong-Riesenwelse. Da bisher nur so extrem wenig Fossilien bekannt sind, muss man natürlich auch davon ausgehen dass einzelne Exemplare der Riesenlungenfische auch noch größer geworden sind. Dabei ist es schon erstaunlich, dass ein Süßwasser-Ökosystem die Entwicklung dermaßen gewaltiger Fische ermöglichte. Heutzutage schaffen es lediglich noch Krokodile in einer ähnlichen ökologischen Nische so groß zu werden.

Hier ist zum Vergleich noch einmal ein Photo von einem modernen Australischen Lungenfisch (von Wikipedia):

Australischer Lungenfisch

Die Körperform erinnert sehr stark an einen im Wasser lebenden Schwanzlurch wie einen Axolotl oder eine Molchlarve, und ganz ähnlich wie diese bewegen sie sich unterwasser. Im Gegensatz zu den anderen Lungenfisch sind Australische Lungenfische nichrt in der Lage im Schlamm einen Schleimkokon zu bilden, in dem sie in Trockenstarre „übersommern“ können. Sie sind in Trockenzeiten zwar in der Lage in extrem sauerstoffarmen Wasserlöchern atmosphärische Luft zu atmen, aber wenn das letzte Wasser verschwindet, gehen auch sie zugrunde.

Fossilien von sehr großen Lungenfischen kennt man übrigens auch aus Europa. Hier sieht man beispielsweise ein Schädelfragment von Ptychoceratodus im Urweltmuseum Waldenburg. Ich habe als Größenvergleich meine Hand mitphotographiert, wobei diese neben dem Fossil aufgrund der Glasscheibe allerdings proportional etwas größer dargestellt ist, als sie es tatsächlich gewesen ist.

Ptychoceratodus war nun nicht unbedingt ein echter Gigant, aber zumindest für einen Süßwasserfisch recht groß. Auf dem nächsten Photo sieht man noch einmal die paarigen Zahnplatten von Ptychoceratodus, welche denen von Australischen Lungenfischen sowie den vorgestellten Riesenformen aus Ägypten und Nebraska sehr ähnlich sehen:

Quellen:

Shimada and Kirkland (2011). A Mysterious King-Sized Mesozoic Lungfish from North America. Transactions of the Kansas Academy of Science, 114(2):135-141. 2011. Published By: Kansas Academy of Science

Brooks, S.G. & P.K. Kind (2002). Ecology and demography of the Queensland lungfish (Neoceratodus forsteri) in the Burnett River, Queensland with reference to the impacts of Walla Weir and future water infrastructure development. Queensland Department of Primary Industries. Queensland, Queensland Agency for Food and Fibre Service

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Fossile Riesenfische Teil 1: Der Riesenflösselhecht Bawitius

Die letzten Beiträge haben ja praktisch ausnahmslos von Meeressäugern gehandelt, und um etwas Abwechslung in den Blog zu bringen, gibt es nun eine neue Reihe. Diese soll sich um einige – leider völlig zu Unrecht – beinahe unbekannte fossile Riesenfische drehen. Aus irgendeinem Grund bekommen fossile Fische so gut wie keine Aufmerktsamkeit, abgesehen von ein paar ganz wenigen Arten wie Megalodon, Dunkleosteus und vielleicht noch Xiphactinus. Dabei gab es so viele spektakuläre Arten von riesigen und bizarren Fischen, die allemal mit Dinosauriern und anderen bekannteren prähistorischen Arten mithalten können.

Häufig ist es ziemlich schwierig überhaupt genügend Informationen oder auch vor allem Bildmaterial zu diesen Fischen zu bekommen, aber glücklicherweise habe ich doch noch einiges zusammengekriegt. Nicht selten findet man auch in paläontologischen Museen die partiellen Fossilien von Riesenfischen, wenngleich diese nur in den seltensten Fällen viel Aufmerksamkeit bekommen. Ein Grund mehr diesen faszinierenden Tieren etwas mehr Beachtung zu schenken, zumindest hier auf dem Blog.

Den Einstieg in die Reihe  macht eine ganz besonders obskure Art, der Riesenflösselhecht Bawitius, den man in der oberkreidezeitlichen Bahariya-Formation Ägyptens fand. Diese Art bewohnte ein Süßwasserökosystem in dem nicht nur verschiedene andere extrem große Süßwasserfische lebten, sondern auch bizarre Krokodile wie das planktivore Riesenkrokodil Stomatosuchus oder der riesige fischfressende Spinosaurus. Leider habe ich nur sehr wenige Informationen über Bawitius, aber dank Joschua Knüppe (dessen DeviantArt-Seite ich wirklich nur sehr empfehlen kann) habe ich eine sehr schöne Lebendrekonstruktion, vermutlich sogar die erste überhaupt. Vielen Dank an dieser Stelle an Joschua, der kurzfristig noch das Bild angefertigt hat.

Bawitius von Joschua Knöppe

Bawitius war ein sehr großer Fisch, wobei die bekannten Fossilien des Holotypus etwa fünfmal so groß waren, wie von modernen Flösselhechten, was darauf hindeutet dass sie deutlich über zwei Meter groß werden konnten, möglicherweise sogar bis um die drei Meter. Damit erreichte er ähnliche Ausmaße wie der Arapaima (der ja entgegen immerwieder fälschlicherweise vorgebrachten Behauptungen keine 4,5 m lang wird, sondern „nur“ Rekordlängen von  etwa 3 m), und war sicherlich auch einer der wichtigsten Unterwasserräuber in seinem Lebensraum. Dennoch ist es ziemlich wahrscheinlich dass selbst ein Gigant wie Bawitius noch von anderen Räubern wie Spinosaurus und vermutlich auch großen Krokodilen wie Sarcosuchus gejagt wurde, möglicherweise war die Existenz einer diversen Fauna von extrem großen Süßwasserfischen überhaupt erst der Grund warum sich diese Apexprädatoren überhaupt entwickeln konnten. Aufgrund bestimmter Merkmale seiner Schuppen und Flossen wurde Bawitius übrigens eine eigene Gattung innerhalb der Flösselhechte verliehen.

Die Flösselhechte sind heute noch mit mehreren Arten auf dem afrikanischen Kontinent verbreitet, allerdings kommen sie mit Längen zwischen 30 cm und einem Meter nicht einmal mehr annäherungsweise an die Größe von Bawitius heran. Dennoch sind es ausgesprochen faszinierende Fische, die eine ganze Reihe höchst ungewöhnlicher und ursprünglicher Merkmale aufweisen. So können Flösselhechte ähnlich wie Lungenfische mit ihrer paarigen Lunge atmosphärische Luft atmen, und dadurch auch in stark sauerstoffarmen Wasser überleben. Ebenfalls an Lungenfische, vor allem die Australischen Lungenfische, erinnern die Brustflossen, welche fleischige muskulöse Basen aufweisen, beinahe wie kurze Stummelbeine. Ganz ähnlich wie Lungenfische benutzen sie diese auch um auf dem Gewässergrund oder zwischen Wasserpflanzen zu „laufen“. Gelegentlich bekommt man Flösselhechte im Zoohandel oder natürlich auch in Zoos zu sehen, und es ist wirklich sehr interessant sie eine Zeitlang zu beobachten. Ich kann mich nie ganz des Eindrucks verwehren, kleine Miniquastenflosser vor mir zu haben. Hier sieht man ein Photo von Polypterus endlicheri endlicheri von Wikipedia:

Polypterus endlicheri endlicheri

Auf dem nächsten Photo von Polypterus weeksii (ebenfalls von Wikipedia), kann man nicht nur sehr gut die fleischigen Ansätze der Brustflossen erkennen, sondern auch die besondere Anordnung der Schuppen. Diese laufen rautenförmig in schräger Anordnung um den Leib, ähnlich wie bei Knochenhechten. Wie diese besitzen auch Flösselhechte Ganoidschuppen, welche von einer zahnschmelzartigen Schicht überzogen sind, und eine sehr starke, aber durch die besondere Anordnung der Schuppen auch noch recht flexible Panzerung bilden. Ganoidschuppen finden sich auch bei vielen anderen fossilien Fischen, aber nur bei sehr wenigen lebenden Arten, welche allesamt sehr primitven Linien entstammen, wie etwa dem amerikanischen Schlammfisch Amia calva.

Polypterus ornatipinnis

Man darf übrigens aufgrund der muskulösen Brustflossen nicht den Fehlschluss ziehen, diese wäre das namensgebenden Merkmal. Vielmehr sind die multiplen „Flössel“ auf dem Rücken  hierfür verantwortlich, welche jeweils aus einem Hauptflossenstrahl und dessen feinen Verästelungen gebildet werden. Damit sind die Besonderheiten der Anatomie der Flösselhechte aber immer noch lange nicht erschöpft. So entspricht ihre assymetrische Schwanzflösse im Aufbau jener von anderen arachischen Fischen wie Knochenhechten, Schlammfischen und verschiedenen ausgestorbenen Linien, und nicht jener der modernen Knochenfische. Hier noch einmal ein Bild von Wikipedia, auf der man gut die ungewöhnliche Anordnung der Schwanzflossenstrahlen sowie der Rückenflössel sieht.

Sehr ungewöhnlich sind auch die äußeren Kiemen der Jungfische, welche ganz ähnlich wie die Kiemen von Molchlarven, oder auch verschiedenen neotenen Amphibienarten wie Axolotln oder Grottenolmen gebaut sind. Interessanterweise finden sich auch hier wieder Ähnlichkeiten zu Lungenfischen, denn auch diese besitzen als Larven und Jungfische gefiederte äußere Kiemen. Zur besseren Darstellung  hier noch mal ein Photo eines Jungfisches mit äußeren Kiemen (von Wikipedia):

Flösselhecht mit äußeren Kiemen

Neben den schon beschriebenen Merkmalen ähneln die Flösselhecht auch im Aufbau ihres Schädels eher primitiven Tetrapoden als modernen Knochenfischen. Man muss also keineswegs mit einem U-Boot in die Tiefen der Komoren oder vor Sulawesi tauchen um einen Quastenflosser zu sehen, wenn man einen extrem archaischen, andererseits aber auch hochspezialisierten „Urfisch“ sehen möchte. Unter Umständen reicht ein Besuch im nächsten Zoogeschäft.

 

Quelle:

Bawitius, gen. nov., a Giant Polypterid (Osteichthyes, Actinopterygii) from the Upper Cretaceous Bahariya Formation of Egypt
no access

Barbara S. Grandstaff,*,1 Joshua B. Smith,2 Matthew C. Lamanna,3 Kenneth J. Lacovara,4 and Medhat Said Abdel-Ghani

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Mal ein paar Nahansichten von Robben, Teil 3: Die Flossen

Der letzte Teil der Reihe wird ziemlich kurz, was primär daran liegt, dass ich kaum geeignetes Bildmaterial hatte. Wie die Überschrift schon sagt, geht es hier um die Flossen der Robben. Warum ich überhaupt über die Flossen von Robben schreibe? Weil sie wirklich ziemlich seltsam aussehen. Schaut man sich beispielsweise die Hinterflossen dieses Galapagos-Seebären an (von Wikipedia), sieht man wohl ziemlich gut was ich meine.

Galapagos-Seebär (Arctocephalus galapogoensis) Flosse

Die fünf ursprünglichen Zehen sind gerade und schlank und fächerförmig angeordnet. Das interessante ist nun, dass das äußere Drittel der Flossen von den extrem verlängerten und abgeflachten „Fingerkuppen“ gebildet wird. Diese beinhalten natürlich keine Knochen, und sind gummiartig flexibel. Die eigentlichen Krallen sind stark zurückgebildet, und nur noch als schmale dünne Nägel vorhanden.

Hier habe ich noch ein Photo des Präparats von „Antje“ dem Walross, aus der Zoologischen Schausammlung Hamburg:

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Mal ein paar Nahansichten von Robben, Teil 2: Die Vibrissen

Nachdem es im ersten Teil um die erstaunlich diversen Ohren von Robben ging, soll es jetzt um die Vibrissen gehen, also die Schnurrhaare. Auch diese zeigen teilweise erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenene Arten. Das schöne ist dass ein Blick auf die vorhergehenden Bilder im letzten Blogpost reichen, um sich noch mal die unterschiedliche Ausprägung, Anzahl und Länge der Vibrissen bei den bisher gezeigten Arten anzusehen, darum soll hier nur auf ein paar wenige Arten eingegangen werden.

Zuallererst die Art mit der wohl extremesten Ausbildung von Vibrissen unter allen Robben, der Antarktische Seebär (Arctocephalus gazella). Während die meisten ihrer Virbrissen im Vergleich zu ihren Verwandten durchaus im normalen Rahmen liegen, sind typischerweise zwei von ihnen auf jeder Seite extrem verlängert, fast wie die Fühler bei einem Insekt. Die Rekordlänge für die längste Vibrisse bei einem männlichen Antarktischen Seebären lag bei 48 cm, was damit auch den Rekord für alle Robben (und möglicherweise für alle Säugetiere überhaupt) darstellt. Bei den anderen Seebärenarten sind sie dagegen weitaus weniger lang. Das unten zu sehende Photo eines Antarktischen Seebären stammt mal wieder von Wikipedia:

Antarktische Seebär (Arctocephalus gazella)

Einen anderen Rekord stellen die Walrosse dar, sie haben nämlich mit bis etwa 300 Vibrissen je Seite die mit Abstand zahlreichsten unter allen Robben. Auch sind sie ausgesprochen dick, bis etwa 3 mm im Durchmesser. Hier ein sehr schönes Portraitbild eines Walross im Hagenbeck Zoo in Hamburg, photographiert von Katja Haase:

Walross Hagenbeck Zoo by Katja Haase

Walrosse finden ihre vor allem aus Muscheln und anderen Wirbellosen bestehende Nahrung primär direkt am Boden und teilweise auch im Sediment, weshalb sich die dicken Vibrissen in der Natur auch teilweise recht stark abnutzen. Daher haben freilebende Walrosse teilweise erheblich kürzere Vibrissen als im Zoo gehaltene Exemplare, besonders im oberen Bereich. Hier sieht man zum Vergleich ein Photo eines wilden Walrosses (von Wikipedia), bei dem die obersten Borsten fast komplett abgenutzt sind.

Besonders bei älteren Walrossen können die Vibrissen dagegen in Gefangenschaft aufgrund fehlender Abrasion eine erhebliche Länge erreichen, wie es etwa bei den bekannt gewordenen Walrosskühen Antje (* 25. Mai 1976; † 17. Juli 2003 in Hamburg) und Tanja (* ca. 1974; † 16. Februar 2007 in Hannover) der Fall gewesen ist. Beide waren übrigens unter den ältesten jemals dokumentierten Vertretern ihrer Art. Wie lang der Walrossbart in so einem Fall dann tatsächlich werden kann, wenn über Jahrzehnte die natürliche Abnutzung fast vollständig fehlt, kann man sehr eindrucksvoll an diesem Photo (von Wikipedia) sehen, das Tanja im Jahr 2006 zeigt:

Vor allem Antje wurde als Maskottchen des Norddeutschen Rundfunks sehr berühmt, und ich kann mir gut vorstellen dass auch teilweise eine übertriebene Vorstellung vom Ausmaß eines „echten“ Walrossbartes besteht, da jener von Antje weitaus länger war als in freier Natur üblich. Hier noch ein Photo von Antje aus dem Jahr 1982 (ebenfalls von Wikipedia):

Antje

Inzwischen ist Antje inder Zoologischen Schausammlung in Hamburg zu sehen. Allerdings sind die Vibrissen des Präparates nicht die Originalvibrissen (diese zu erhalten kann extrem schwer sein, da sie viel zu leicht ausfallen), sondern dicke Nylonschnüre. Das hohe Alter, und eben auch die fehlende Abnutzung der Zähne am Bodengrund, hatten auch zur Folge das Antje extrem lange und auch sehr stark gebogene Stoßzähne entwickelte, wie man hier auf einem Photo aus der Zoologschen Schausammlung in Hamburg sehen kann:

Antje Zoologische Schausammlung Hamburg

 

 

 

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Mal ein paar Nahansichten von Robben, Teil 1: Die Ohren

Man neigt oft dazu Tiere als Ganzes wahrzunehmen, man sieht sie sich an, schaut ihnen vielleicht mal in die Augen oder aufs Maul, aber viele der kleineren Details übersieht man oft. Darum möchte ich hier eine kurze Serie über ein paar weniger beachtete Körperregionen von Robben machen. Den Anfang soll eine der kleinsten und unscheinbarsten Körperpartien überhaupt machen, nämlich das Ohr. Die äußeren Ohren sind bei allen lebenden Robben extrem zurückgebildet, bei den Hundsrobben und Walrossen sind die praktisch vollständig verschwunden, während sie bei den Ohrenrobben – wie man sich aufgrund des Namens denken kann – zumindest noch rudimentär sichtbar sind. Hier folgt nun eine kurze Übersicht über die Ohren bei verschiedenen Robben. Den Anfang machen die Hundrobben, bei denen die Ohren lediglich noch als leicht wulstige Öffnungen hinter den Augen erkennbar sind.

Zuallerest ein Seehund aus dem Tierpark Neumünster, photographiert von Sven Peter. Bei Seehunden sind die Ohröffnungen mehr oder weniger oval, praktisch ohne äußere Ohrmuschel, aber wie man gleich sehen wird, für Hundsrobben sogar noch relativ groß.

Seehund Tierpark Neumünster, by Sven Peter

Deutlich kleiner sind die Ohröffnungen beispielsweise bei Kegelrobben, wie diesem Exemplar aus dem Zoo Hannover, ebenfalls photographiert und mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Sven Peter:

Kegelrobbe im Zoo Hannover, by Sven Peter 2

Geradezu winzig sind sie bei Seeelefanten, bei denen sie kaum noch sichtbar sind. Wie man auf diesem Photoausschnitt von Wikipedia sieht, sind sie lediglich noch als kleine Löcher zu erkennen. Dies hat vermutlich auch etwas mit den großen Tauchtiefen zu tun, die Seeelefanten erreichen, und damit dass sie zu den stärksten ans Leben im Meer angepassten Robben gehören.

An_elephant_seal_from_NOAA 2

Aus irgendeinem Grund sind bei Ohrenrobben wie Seelöwen und Seebären die äußeren Ohrmuscheln noch vorhanden. Warum das so ist? Keine Ahnung. Zwar sind sie in ihrer Größe deutlich reduziert, von seltsamer, ja sogar grotesquer Gestalt, aber aus irgendeinem Grund immer noch vorhanden. Hier ein Seelöwe im Zoo Hellabrunn, photographiert von Sven Peter:

Seelöwe in München by Sven Peter

Wie man sieht ist die Ohrmuschel zu einem längs gefalteten Stummel reduziert, wobei sich dennoch die Frage stellt, warum die Ohrmuschel nicht wie bei Walen, Seekühen und Hundsrobben komplet verschwunden ist, da sie sich eigentlich negativ auf den Wasserwiderstand auswirken müssten. Ein weiteres Photo eines Seelöwen von Sven Peter, diesmal aus dem Zoo Gelsenkirschen:

Seelöwe Zoo Gelsenkirschen by Sven Peter

Hier noch mal eine Nahaufnahme eines Seelöwenohres, modifiziert von einem Photo von Wikipedia:

Sea_lion_ear

Ähnlich wie bei den Seeelefanten sind auch bei Walrossen die Ohröffnungen ausgesprochen klein, und zu winzigen Löchern reduziert, obwohl sie evolutionär näher mit den Ohrenrobben als mit den Hundsrobben verwandt sind. Es wäre möglich dass dies auch eine Anpassung an den Lebensraum ist, da die Ohrmuscheln in kaltem Wasser möglicherweise zu sehr auskühlen würden, aber das ist jetzt auch lediglich eine Vermutung meinerseits. Unten zu sehendes Photo stammt von Wikipedia und zeigt ein Walross aus Kamogawa Seaworld in Japan. Man achte auf die recht langen Schnurrhaare, aber dazu mehr im nächsten Teil.

Walrus_-_Kamogawa_Seaworld_-_1 2

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Warum es dumm ist von Minkwalen zu sprechen.

Wenn es in den Medien um Walfang geht, hört oder liest man immer wieder von Minkwalen. Minkwale sollen wieder in größeren Mengen gejagt werden, Minkwale sollen wieder in höheren Stückzahlen zu „wissenschaftlichen Forschungszwecken“ von Japanischen Walfängern getötet werden. Wenn ich so etwas höre oder lese muss ich mich jedes Mal wieder etwas ärgern. Warum? Weil der Name „Minkwal“ ein typisches Beispiel für die Unfähigkeit vieler Journalisten ist, Tiernamen korrekt ins Deutsche zu übertragen. Allzu oft passiert es nämlich, dass unkundige Journalisten nicht in der Lage sind 10 Sekunden zu investieren um zu sehen ob ein Tier auch einen deutschen Namen hat, und statt dessen einfach mehr oder weniger genaue wörtliche Übersetzungen des englischen Namens benutzen. Dabei kommen zuweilen solche Wortmonstrositäten wie „Wolkopard“ heraus, weil eine große deutsche Tageszeitung mit großen Bildern und wenig Text kurzerhand „clouded leopard“ eindeutschen musste, anstatt die geläufige Bezeichnung Nebelparder zu registrieren.

Auch bei den Minkwalen ist es so. Im Englischen heißen diese Wale „Minke Whale“, ausgehend von der norwegischen Bezeichnung minkehval , nach einem norwegischen Walfänger namens Meincke aus dem 18. Jahrhundert. Der deutsche Name „Minkwal“ ist also nicht einmal eine korrekte Wiedergebung des schon abgeänderten Namens. Ohnehin haben diese Wale seit Ewigkeiten einen in jedem sie erwähnenden Tierbuch gebräuchlichen deutschen Namen, nämlich Zwergwal. Genau genommen sind es wie man inzwischen weiß, sogar zwei (unter umständen sogar drei) verschiedene Arten, der Nördliche Zwergwal und der Südliche Zwergwal. Da sie nach dem extrem seltenen Zwergglattwal die kleinsten Bartenwale überhaupt sind, ist dieser Name auch deutlich passender (unten eine alte Illustration eines Nördlichen Zwergwals von Wikipedia):

Nördlicher Zwergwal

 

Ein Mink, ohne irgendeine Verbindung zum Minkwal (von Wikipedia):

Mink

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Es darf auch Fisch sein – was Furchenwale tatsächlich so alles fressen

Viele Leute sind der Ansicht dass sich die großen Bartenwale primär von Krill oder Plankton ernähren, doch diese Vorstellung trifft nur bedingt und auch nur auf einige Arten zu. Zwar fressen einige von ihnen, etwa der Blauwal, tatsächlich primär Krill und andere Kleinsttiere, doch das Beutespektrum vieler anderer Arten ist erheblich breiter, und umfasst teilweise erstaunlich große Beutetiere. Die Ernährungsgewohnheiten der Bartenwale unterscheiden sich zum Teil ganz erheblich, sowohl was die Art des Beutefangs angeht, als auch in Bezug auf die Art und Größe der Beute. Auch scheinen viele die Bartenwale aufgrund ihrer Ernährung tendenziell eher mit Pflanzenfressern gleichzusetzen, doch auch sie sind Fleischfresser, die andere Tiere jagen, auch wenn diese im Vergleich zu ihnen selbst in der Regel verschwindend klein sind. Daher ist auch der Blauwal nicht nur das größte Tier auf der Welt, sondern genau genommen auch der größte Räuber.

Ein Bartenwal der deutlich von der allgemeinen Vorstellung eines Krillfressers abweicht, ist der Brydewal (Balaenoptera brydei), ein mit 12-14 m eher kleinerer bis mittelgroßer Vertreter der Furchenwale. Seine Nahrung besteht zum Großteil aus Fisch, wobei nicht nur kleine Schwarmfische wie Sardinen, sondern auch solche wie Makrelen gefressen werden. Daneben fressen sie auch Krebstiere und sogar Kopffüßer. Hier ein Photo eines Brydewal vor Thailand (von Wikipedia):

Brydewal (von Wikipedia)

Auch der nahe mit dem Brydewal verwandete Edenwal (Balaenoptera edeni), der erst 1993 als separate Art erkannt wurde, ernährt sich größtenteils von Fischen. Mit nur etwa 10 m Maximallänge ist der Edenwal einer der kleinsten Furchenwale. Hier eine Illustration von Wikipedia:

Edenwal

Mit 12-16 m ein gutes Stück größer ist der Seiwal (Balaenoptera borealis). Er ernährt sich zwar auch von Krill, doch auch von Schwarmfischen, besonders von Köhlern (welche die meisten unter ihrer gastronomischen Bezeichnung „Seelachs“ kennen), was ihnen auch ihren Namen gegeben hat, denn „Sei“ ist das norwegische Wort für Köhler. Um den Artikel interessanter zu machen, gibt es auch hier ein Bild, ebenfalls von Wikipedia:

Seiwal

Ein weiterer ausgesprochener Fischfresser ist der Nördliche Zwergwal (Balaenoptera acutorostrata). Zwergwale werden oft in den Medien als Minkwale bezeichnet. Warum das dumm ist werde ich mal bei Gelegenheit schreiben. Der Nördliche Zwergwal ist der kleinste aller Furchenwale, und nur der Zwergglattwal ist unter den Furchenwalen noch kleiner. Erwachsene Bullen sind im Durchschnitt nur etwa 8 m, während Kühe etwa 8,5 m messen. Umso erstaunlicher ist, dass sich unter ihrer Beute nicht nur erstaunlich viele, sondern teilweise sogar erstaunlich große Fische finden. Zwar finden sich durchaus auch viele kleine Schwarmfische in ihrer Nahrung, etwa Sandaale, Sardellen oder Lodden, aber auch mittelgroße Arten wie Herringe und Makrelen. Daneben finden sich aber  in ihren Mägen auch größere Arten wie Lachs, Kabeljau, Köhler oder Schellfisch und sogar wieder nur bedingt oder gar nicht schwarmlebende Fische wie Seewölfe oder Dornhaie. Der Südliche Zwergwal (Balaenoptera bonaerensis) frisst zwar durchaus auch kleine Schwarmfische, doch machen bei ihm Krill und andere kleine Krebstiere einen größeren Anteil der Nahrung aus.

Hier ein Photo eines springenden Zwergwals vor den Azoren (von Wikipedia):

Springender Zwergwal

Das wahrscheinlich komplexeste Verhalten zum Fangen von Fischen haben Buckelwale (Megaptera novaeangliae) entwickelt, welche in Gruppenarbeit unter Wasser Schwärme von Fischen mit Hilfe von kreisförmig gezogenen Bahnen von Luftblasen zusammentreiben. Auch sie fressen Krill und in einigen Gegenden auch noch kleinere Beute wie Ruderfußkrebse, aber auch Lachse, Köhler, Heringe, Makrelen und andere größere Fische. Interessanterweise fangen sie ihre Beutefische nicht nur durch bloßes Verschlingen, sondern teilweise auch durch Schläge ihrer Brust-und Schwanzflossen, mit denen sie die Fische betäuben. Ein sehr eindrucksvolles Photo von Buckelwalen beim Abfischen eines zusammengetriebenen Fischschwarmes sieht man hier (von Wikipedia):

Buckelwale beim Fressen

Blauwale ernähren sich wie bereits erwähnt, tatsächlich zum Großteil von Krill und auch von kleinen Ruderfußkrebsen, Beutetieren die oft nur wenige Milimeter groß sind. Der etwas kleinere Finnwal dagegen frisst durchaus auch gelegentlich kleinere Schwarmfische. Über die Ernährung des kaum bekannten Omurawales (Balaenoptera omurai) weiß man so gut wie gar nichts, daher kann ich hier leider nichts über diese Art sagen.Natürlich muss man sich auch klar machen, dass die Beute bei allen hier vorgestellten Furchenwalen abhängig von Jahreszeit, Region und vermutlich teilweise auch familienbedingt wechseln kann. Dennoch ist es relevant sich klar zu machen, dass mit wenigen Ausnahmen auch die meisten Furchenwale zu einem mehr oder weniger starken Grad Fischfresser sind. Dies soll in keinster Weise eine Rechtfertigung für Walfang sein, wie sie etwa genau auf diese Weise in Japan betrieben wird, nämlich indem behauptet wird dass Wale eine Bedrohung für die Fischbestände darstellen, und daher eine Konkurrenz für die Fischer darstellen. Das ist natürlich völliger Unsinn, in früheren Zeiten gab es erheblich viel mehr Wale als heute, und trotzdem waren die Fischbestände ebenfalls viel größer. Der Rückgang vieler kommerziell genutzter Fischarten ist einzig auf Überfischung durch den Menschen zurückzuführen, und nicht auf Tiere, die sich in einem viele Jahrmillionen andauernden Prozess zu einem auf Gleichgewicht basierenden Räuber-Beute-Verhältnis mit ihrer Nahrung entwickelt haben.

Alle hier vorgestellten Wale waren Furchenwale. Wenn man die übrigen Bartenwale, die Glattwale, den Zwergglattwal und den Grauwal miteinbezieht, kommt man auf einige noch merkwürdigere Beutetiere, welche viele wohl kaum bei einen Wal vermuten würden, aber das soll in einem anderen Blogpost irgendwann später Erwähnung finden.

 

 

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Fossile Wale Teil 8: Cynthiacetus, Masracetus und andere wenig bekannte Archaeoceti

Hier kommt nun der vorerst letzte Teil aus der Reihe über fossile Wale. Ich habe zwar noch ein paar mehr geplant, aber ich möchte auch zwischendurch wieder einmal über andere Dinge schreiben. Da die bisherigen Teile immer jeweils mit einem sehr großen Schreibaufwand verbunden waren, möchte ich lieber wieder einmal zwischendurch kürzere, dafür aber nach Möglichkeit häufigere und abwechslungsreichere Blogposts veröffentlichen.

Wie ich bereits im ersten Teil angedeutet habe, bestand die Welt der Archaeoceti aus weitaus mehr Arten als gemeinhin bekannt ist, und war keineswegs nur auf Basilosaurus und Dorudon beschränkt. Was ersteren angeht, so muss man sich ohnehin einmal begrifflich machen dass die verschiedenen Arten der Gattung Basilosaurus bereits hochspezialisierte und obendrein sehr sehr große Tiere gewesen sind, und natürlich hatte auch diese evolutionäre Linie ihre Entwicklungsgeschichte mit entsprechenden Zwischenformen. Entsprechend gab es in der Ahnenlinie der großen und extrem langgestreckten Basilosaurier auch kompaktere und kleinere Arten. Man muss sich auch einmal vor Augen halten was für eine enorme Diversität und Artenfülle die lebenden Wale besitzen, welche alle Ozeane der Welt besiedeln. Das ist aber kein modernes Phänomen, auch die Walfauna der letzten 10, 20, 30 und 40 Millionen Jahre war bereits unglaublich divers und vielgestaltig, mit zahlreichen Entwicklungslinien und Formen welche teilweise modernen gleichen, teilweise aber heute keine Entsprechungen mehr haben. Bereits zu ihrer Zeit waren die ersten ausschließlich im Wasser lebenden Wale die bestangepassten Meeressäuger überhaupt, denen sich ein gewaltiger Lebensraum, eine Fülle an Nahrung und nur relativ wenig Konkurrenz bot, welche vor allem aus den ohnehin nur in wärmeren Regionen lebenden Meereskrokodilen und natürlich Haien bestand.

Insofern ist es wenig erstaunlich dass schon zu einem sehr frühem Zeitpunkt die Urwale eine Vielfalt an Größen und Formen entwickelten, welche weit über das hinausging, was man normalerweise zu sehen bekommt. Am bekanntesten ist hier zweifellos die Gattung Dorudon, auf die weiter unten noch einmal weiter eingegangen werden soll. Viele dieser Formen sind leider nur durch recht fragmentarische Fossilien bekannt, aber von einigen sind tatsächlich auch relativ vollständige Skelett gefunden worden, beispielsweise von Cynthiacetus. Von dieser zu den Dorudontinen gehörenden Gattung wurden an mehreren Stellen der Welt Fossilien gefunden, etwa in den USA am Mississippi, in Ägypten und vor kurzem auch in Peru. Die Überreste aus Peru, anhand deren eine neuen Spezies, Cynthiacetus peruvianus, beschrieben wurde, sind außerordentlich vollständig. Das unten zu sehende Skelett (Photo von Wikipedia) musste daher nur relativ geringfügig rekonstruiert werden (man achte auf die kleine Rekonstruktion unten, bei der genau das falsch gemacht wurde, was ich im ersten Teil beschrieben habe, nämlich fehlende Lippen und eine „Schädelschnauze“):

Cynthiacetus Skelett (Quelle Wikipedia)

Robert Boessenecker hat eine sehr schöne Zeichnung des Skeletts samt Umrisszeichnung angefertig, bei der aber zu beachten ist, dass sie auf einer leicht schrägen Ansicht basiert, ähnlich wie auf dem oberen Photo. Daher war die Lenden-und Schwanzwirbelsäule insgesamt etwas länger als es hier auf den ersten Blick erscheint.

Cynthiacetus peruvianus by Robert Boessenecker

Cynthiacetus war bereits ein recht großer Wal, mit einem Schädel von etwa einem Meter Länge, und in seiner Gesamtgröße vergleichbar mit einer der kleineren bis mittelgroßen Schwertwal-Spezies. Bei dieser Größe ist es durchaus vorstellbar dass ihre Beute auch aus mehr als nur Fischen und Kopffüßern bestanden haben könnte. Während dies bei Cynthiacetus bisher eher Spekulation sein dürfte, erscheint es bei einer anderen Art durchaus sehr wahrscheinlich, dass sie auch größere Beutetiere wie Meeresreptilien, Wasservögel und wohl auch kleinere Wale erbeutet haben dürften. Diese Art war Masracetus markgrafi, ein sehr großer Basilosauride, der allerdings in seinen Körperproportionen eher dem viel bekannteren Dorudon entsprach. Die Größe des Kopfes und die Dicke des Körpers entsprachen in etwa Basilosaurus, aber die Wirbel waren teilweise erheblich kürzer, so dass Masracetus nur etwa halb so lang gewesen sein dürfte. Merkwürdigerweise kann man sowohl von Cynthiacetus als auch von Masracetus teilweise extrem übertriebene Längen von 20-30 m im Internet lesen, was allerdings in keinster Weise den Tatsachen entsprich. Nichtsdestotrotz war Masracetus ein Riese, größer als jeder Schwertwal, und zweifellos in der Lage auch sehr große Beutetiere zu überwältigen.

Mein guter Freund Cameron McCormick hat vor einiger Zeit eine sehr schöne Rekonstruktion von Basilosaurus angefertigt, welche auf einer modifizierten Version des Basilosaurus cetoides von Allan Kellogg (1936) basiert, welche aber mit zu wenig Wirbeln rekonstruiert war. Da Dorudon, Cynthiacetus, Masracetus und Basilosaurus alle sehr ähnliche Schädel hatten, und sich abgesehen von Anzahl und Länge der Wirbel im Skelett nicht allzu sehr unterschieden, habe ich einfach Camerons Basilosaurus etwas modifiziert, um daraus die anderen Arten zu „basteln“. Daher entsprechen auch die Wirbelzahlen NICHT den bekannten Teilen der Originalskelette, was der Illustration allerdings bei einer reinen Darstellung der Größenverhältnisse wenig ausmacht.

Um eine etwas bessere Vorstellung davon zu bekommen, wie groß diese Wale waren, habe ich hier eine kleine Collage erstellt. Der Taucher zum Größenvergleich stammt ursprünglich von einem Bild Carl Buells von Mammalodon. Von oben nach unten sieht man Dorudon atrox, Cynthiacetus peruvianus und Masracetus markgrafi:

Dorudon atrox, Cynthiacetus und Masracetus markgrafi

Ein weiterer von sehr gut erhaltenen Fossilien bekannter Urwal ist Zygorhiza kochii aus dem späten Eozän Nordamerikas. Diese Art hatte besonders lange und schmale Kiefer, und erreichte eine Länge von etwa 6 m. Hier ein Photo von Wikipedia:

Zygorhiza_kochii_(Wikipedia)

Obwohl Dorudon schon allgemein recht bekannt ist, soll die Gattung hier noch einmal Erwähnung finden, vor allem weil die sehr vollständig erhaltenen Fossilien einen guten Einblick in die Anatomie und Evolution der frühen Wale ermöglichen. Diese Tiere waren bereits komplett im Wasser lebende Meeressäuger, aber dennoch wiesen sie noch viele Merkmale auf, welche an ihre teilweise an Land lebenden Vorfahren erinnerten. Daher ist weiter unten noch einmal des Skelett von Dorudon atrox (von Wikipedia) zu sehen. Beginnt man beim Schädel, so fallen vor allem die sehr großen und heterodonten Zähne auf. Die meisten modernen Wale, mit wenigen Ausnahmen wie etwa Orcas und Kleinen Schwertwalen, besitzen im Verhältnis zur Körpergröße relativ kleine Zähne. Diese sind obendrein mit Ausnahme bestimmter Arten wie dem Amazonas-Flussdelfin fast immer homodont, also von ähnlicher Form, und in der Regel auch deutlich zahlreicher als im Urgebiss der Säugetiere, welches sich noch bei den Archaeoceti findet. Betrachtet man noch einmal den Schädel isoliert, sieht man auch sehr schön wie sehr er den noch an Land gehenden Formen wie Maiacetus ähnelt. Im Gegensatz zu diesen ist aber beispielsweise die Nasenöffnung bereits deutlich weiter hinten, eine Tendenz welche in den darauf folgenden Jahrmillionen immer immer weiter gehen, und ihr Ziel kurz vor den Augen finden sollte.

Die Halswirbel waren auch noch etwas länger und nicht wie bei den meisten modernen Walen miteinander verschmolzen. Die Flossen sind auch noch klar als umgewandelte Vorderbeine zu erkennen, und hatten einen echten Ellenbogen, während bei heutigen Walen der Oberarmknochen extrem verkürzt und mit Elle und Speiche verwachsen ist. Dafür sind bei ihnen die Fingerglieder üblicherweise in ihrer Zahl vermehrt.

Dorudon_atrox2

Die Hintergliedmaßen moderner Wale sind nur noch sehr klein, da ihre Anlagen während der Embryonalentwicklung vom Körper größtenteils wieder zerstört werden, so dass nur noch kleine Knochenfragmente von Becken und hinteren Gliedmaßenknochen erhalten bleiben. Nur in sehr seltenen Fällen, wie etwa bei einem erst vor wenigen Jahren entdeckten Großen Tümmler in Japan oder einem 1919 vor Vancouver gefangenen Buckelwal dokumentiert, geht bei diesem „Reduktionsprogramm“ während des Wachstums etwas schief, so dass auch später noch äußere Hinterflossen vorhanden sind. Bei Dorudon und den anderen Urwalen waren die Hintergliedmaßen in Größe und Funktion bereits extrem reduziert, aber in Bezug auf ihre knöchernen Elemente noch fast vollständig.

Die Schwanzregion der modernen Wale ist in der regel äußerst schmal, was sich auch an den Wirbeln zeigt, die bei den Archaeoceti allerdings noch breiter waren. Bei einer Fortbewegung durch eine horizontal stehende Schwanzflosse macht ein möglichst schmaler Schwanz auch Sinn, um wenig Wiederstand im Wasser zu bieten, wenn er auf und ab schlägt und das Zentrum der Wasserverdrängung möglichst auf die Fluke konzentriert wird. Was die Schwanzflosse selbst betrifft, so kann man anhand der Verbreiterung an der Spitze der Schwanzwirbelsäule von Dorudon erkennen dass sie bereits durchaus vorhanden war. Allerdings war sie weniger ausgeprägt als bei modernen Walen, und vielleicht waren auch ihre Schwanzflossen noch kleiner und rundlicher. Wie genaus sie allerdings ausgesehen haben, ist sehr sehr schwer zu sagen. Irgendwann müssen sie von einer ovalen Form zu einer eher dreieckigen oder gelappten Form übergegangen sein, aber da dieses Gewebe nicht fossil überliefert wird (und es sind im Gegensatz zu Ichthyosauriern leider keine Archaeoceti-Fossilien mit Hautabdrücken bekannt), ist das genaue wann und wie Spekulation.

Wenn man beispielsweise in „Die Erben der Dinosaurier“ gesehen hat wie Dorudon als relativ hilflose Beute von Basilosaurus gefressen wurde (dazu mehr im nächsten Teil), macht man sich auch nicht wirklich bewusst wie groß Dorudon tatsächlich gewesen ist, und über was für gewaltige Kiefer diese Tiere verfügten. Wer einmal die Gelegenheit hat Fossilien von Dorudon zu sehen, wird erstaunt sein wie eindrucksvoll die Zähne, und wie groß der Schädel war. Tatsächlich war den Schädel von Dorudon sogar nur etwa ein Drittel kleiner (in linearen Dimensionen) als der von Basilosaurus. Insgesamt gibt es in Deutschland leider nicht übermäßig viele Museen mit Fossilien von Archaeoceti und anderen fossilen Walen, etwa im Vivarium in Karlsruhe, wo ich auch unten zu sehendes Photo gemacht habe:

Dorudon Mandibula Karlsruhe

Die Anzahl der fossilen Wale wächst ständig, immer wieder werden neue Arten entdeckt, sei es durch Funde bei aktuellen Ausgrabungen oder bei der Untersuchung alter, noch nicht oder falsch bestimmten Archivmaterials. Die hier vorgestellten Arten sind nur ein sehr kleiner Ausschnitt einer einstmals noch weitaus vielfältigeren Urwalfauna. Man darf sich diese Urmeere nicht als einen leeren Ozean vorstellen in dem außer Fischen nur eine kleine Handvoll Arten von Urwalen schwammen. Bereits relativ früh gab es kleine, mittlere, große und riesige Arten, solche wie Makaracetus welche äußerst bizarre Spezialisierungen entwickelten, während gleichzeitig immer noch teilweise terrestrisch lebende Nachfahren der Protowale wie Otter oder Robben an den Küsten lebten.

Zum Schluss noch einmal ein weiteres Bild dreier erst kürzlich entdeckter Arten aus Peru, illustriert von Carl Buell. Hinter dem langschnäbeligen Pinguin Perudyptes devriesi sieht man einen bisher noch nicht benannten Protocetiden, und darunter die Basilosauriden Ocucajea picklingi und Supayacetus muizoni, welche den vor allem der Gattung Basilosaurus gewidmeten nächsten Teil einleiten.

Perudyptes devriesi, unnamed protocetid, Ocucajea picklingi, and Supayacetus muizoni

 

Quellen:

CONTRIBUTIONS FROM THE MUSEUM OF PALEONTOLOGY THE UNIVERSITY OF MICHIGAN
VOL. 31, NO. 13, PP. 363-378 December 20, 2007
STROMERIUS NIDENSIS, NEW ARCHAEOCETE (MAMMALIA, CETACEA) FROM THE UPPER EOCENE QASR EL-SAGHA FORMATION, FAYUM, EGYPT
BY PHILIP D. GINGERICH

Mark D. Uhen, Nicholas D. Pyenson, Thomas J. Devries, Mario Urbina and Paul R. Renne (2011). „New Middle Eocene Whales from the Pisco Basin of Peru“. Journal of Paleontology 85

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