Kürzlich tauchte im Internet ein von 2013 stammendes Video auf, welches einen lebenden Koloss-Kalmar (Mesonychoteuthis hamiltoni) zeigt. Der Kalmar hing an einem großen Fisch, allem Anschein nach einem Antarktischen Seehecht (Dissostichus mawsoni), welcher mit einer Langleine aus der Tiefe empor gezogen wurde. Der Koloss-Kalmar selbst hing nicht an einem Haken, und nachdem er eine Weile direkt an der Oberfläche verweilte, schwamm er langsam wieder in die Tiefe. Leider wird der Kalmar auf verschiedenen englischsprachigen Seiten irreführenderweise als „giant squid“ bezeichnet, weshalb er fälschlicherweise von vielen für einen Riesenkalmar (Architeuthis dux) gehalten wurde.
Im Jahr 2007 war schon mal ein sehr großer Koloss-Kalmar in der Antarktis auf die gleiche Weise mit einer Langleine an die Oberfläche gekommen, und konnte dann von der Bootsmannschaft auch gefangen werden und später untersucht werden.
Man sieht in dem Video sehr gut wie der Koloss-Kalmar von tiefroter Farbe ist als er direkt an die Oberfläche hochgezogen wird, wenig später nimmt er allerdings einen viel helleren weißlichen Ton an. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist die rötliche Farbe primär eine Folge der Stressreaktion, ein Phänomen das man auch bei vielen anderen Kalmaren beobachten kann. Die zu Ende des Videos sichtbare weißliche Farbe ist sehr wahrscheinlich die normale Farbe des Kolosskalmars. Auch beim Riesenkalmar hatte sich ja ähnliches gezeigt, als man zum allerersten mal vor etwa zwei Jahren ein lebendes Exemplar in der Tiefe filmte, und es im Gegensatz zu den an der Oberfläche gefundenen Riesenkalmaren nicht dunkelrot, sondern fast metallisch glänzend weißlich war.
Dahingehend müsste ich auch die Illustration abändern, welche ich vor ein paar Jahren für The Encyclopaedia of New and Rediscovered Animals von Karl Shuker angefertigt habe, und das ganze eher hellrosa oder weißlich einfärben.
Leider wird auch die Größe des Kolosskalmars häufig massiv übertrieben dargestellt, oft liest man von Mantellängen bis 4 m und Gesamtlängen von 10 , 14 und sogar noch mehr Metern. Die beiden größten bekannten Individuen (worunter auch das Exemplar von 2007 ist) hatten eine Mantellänge von etwa 2,5 m, wobei die Gesamtlänge mitsamt ausgestreckten Tentakeln bei ungefähr dem Doppelten liegt. Das lag auch daran dass die Größe des in der Antarktis gefangenen und bis zur endgültigen Untersuchung eingefrorenen Koloss-Kalmars anfangs auch deutlich überschätzt wurde.
Das 2007-Exemplar wog 495 kg und hatte eine Rostral-Länge des unteren Schnabelanteils von 42,5 mm, während die größten aus Pottwalmägen bekannten unteren Schnabelhälften eine Rostral-Länge von bis zu 49 mm haben. Vorrausgesetzt dass zumindest einigermaßen lineare Zusammenhänge zwischen der Mantellänge und der Schnabelgröße bestehen, würde dies auf eine Mantellänge von etwa 3 m für die größten bisher von physischen Überresten bekannten Vertreter von Mesonychoteuthis hindeuten. Ein Kolosskalmar dieser Größe würde vermutlich um die 700 kg wiegen, was mehr als das Doppelte der größten bekannten Riesenkalmare wäre.
Hallo Markus!
Beeindruckendes Video mit spannenden neuen Details, vor allem in Bezug auf die Farbe! Da kommt ja nochmal Arbeit auf uns zu, aber das ist ja gut so. Habe dein Buch („Insel des Grauens“) übrigens mittlerweile gelesen und tatsächlich gab es im Teil über den Riesenkalmar noch Details, die ich noch nicht gewusst habe. Darüber müssen wir uns irgendwann mal austauschen. War auf jeden Fall schön, dieses Video über den Kolosskalmar sehen zu können, danke fürs posten!
Viele Grüße und bis bald
Peter
Freut mich dass dir der Beitrag und auch das Buch gefallen hat!
Ja, in deinem Buch steckt viel Arbeit drin, vor allem ist es immer schwierig, wissenschaftliche Details mit einer Erzählung zu kombinieren, was dir aber in beiden Geschichten gelungen ist!
Wir hören voneinander!
Danke, das freut mich sehr!