Bei den Smaragdeidechsen am Kaiserstuhl

Smaragdeidechse am Badberg

Schon seit vielen Jahren wollte ich einmal den Kaiserstuhl besuchen, jenes vulkanisch entstandene Mittelgebirge im Breisgau, welches durch sein besonderes Mikroklima einige geradezu exotisch anmutende Arten beherbergt, die man kaum sonst irgendwo in Deutschland findet. Schon seit meiner Kindheit kenne ich jenes fast schon unwirklich anmutende Gebiet, dem (fast) allein zu verdanken ist, dass auch solche südländischen Tierarten wie Smaragdeidechsen, Gottesanbeterinnen oder Bienenfresser in die Werke über die einheimische Fauna Eingang finden durften. Erst später lernte ich dass jene Exoten teilweise auch in anderen Gebieten Deutschlands vorkommen, allerdings auch nur an sehr wenigen Standorten, und teilweise extrem lokal begrenzt, und dieser Umstand machte den Kaiserstuhl für mich nicht weniger spannend.

Einen praktischen Brückentag nutzend, entschied ich mich dann relativ spontan dem schon lange gehegten Wunsch nachzukommen, und einen Kurzurlaub im Breisgau zu machen. Der Hauptgrund den Kaiserstuhl zu besuchen, waren für mich vor allem die dort vorkommenden Smaragdeidechsen, jenen größten und farbenprächtigsten Eidechsen die noch nördlich der Alpen vorkommen. Nun muss man allerdings wissen, dass es nicht nur eine, sondern zwei Arten von Smaragdeidechsen in Mittel-und Südeuropa gibt, die Westliche Smaragdeidechse Lacerta bilineata und die Östliche Smaragdeidechse Lacerta viridis. Beide Arten sehen sich ausgesprochen ähnlich, und wurden erst vor relativ kurzer Zeit überhaupt als verschiedene Spezies erkannt. Interessanterweise kommen in Deutschland beide Arten vor, allerings nur auf einigen wenigen weit voneinander getrennten Populationsinseln, während ansonsten lediglich in Oberitalien und teilweise auch in Kroatien eine Hybridisierungszone besteht, in welcher sich die jeweils äußersten Bereiche der Populationen von Westlicher und Östlicher Smaragdeidechse überschneiden:

Verbreitungsgebiet der Westlichen und Östlichen Smaragdeidechse (von Wikipedia)

Lange wurden die Smaragdeidechsen am Kaiserstuhl als Lacerta bilineata geführt, allerdings zeigen neue Studien, dass es sich wohl doch um Lacerta viridis handelt.

Der Smaragdeidechsenpfad oberhalb von Vogtsburg am Kaiserstuhl

 

Um möglichst gute Chancen zu habe auch einige Smaragdeidechsen zu entdecken, machte ich mich auch bereits im Vorfeld kundig, wo man diese am ehesten antreffen kann. Tatsächlich gibt es direkt hinter dem kleinen Ort Vogtsburg beginnend einen „Smaragdeidechsenpfad“ genannten Themenpfad, welcher durch die terrassierten Weinberge führt, und auch verschiedene Infotafeln über die dort vorkommenden Reptilien informieren. Leider kam ich erst etwa gegen 13 Uhr am Kaiserstuhl an, und es war schon ziemlich heiß, daher verwunderte es mich nicht dass ich an diesem Tag keine einzige mehr zu Gesicht bekam, lediglich ein gelegentliches verdächtiges Rascheln im Gras deutete auf ihr Vorhandensein hin.

An einigen Stellen liegen senkrechte kahle Lösswände, welche teilweise voll von den Bruthöhlen verschiedener Wildbienen sind.

Wildbienen-Bruthöhlen

Wildbienen-Bruthöhlen

Teilweise sieht man auch farbenprächtige parasitäre Schlupfwespen umherfliegen, welche ihre Eier in den Bruthöhlen der Wildbienen legen.

Parasitäre Schlupfwespe in der Mitte des Photos

In manchen dieser Lösswände finden sich auch alten Bruthöhlen von Bienenfressern. In dieser hier fanden sich zahlreiche Trichter von Ameisenlöwen:

Ameisenlöwen in alter Bienefresser-Bruthöhle.

Danach machte ich noch eine lange und wirklich sehr schöne Wanderung über den gegenüber gelegen Badberg, welcher sich vor allem durch eine reiche Vielfalt seltener Pflanzen und Schmetterlinge auszeichnet.

Wanderpfad auf dem Rücken des Badberges

Wanderpfad auf dem Rücken des Badberges

Blick auf den Badberg vom Smaragdeidechsenpfad aus gesehen:

Badberg

Badberg

Hier ein Bläuling:

Bläuling

Besonders Schachbretter (Melanargia galathea) sind in der Gegend ausgesprochen häufig vertreten.

Schachbretter ((Melanargia galathea)

Schachbretter ((Melanargia galathea)

Mit etwas Glück sieht man auch Schwalbenschwänze (Papilio machaon):

Schwalbenschwanz (Papilio machaon)

Schwalbenschwanz (Papilio machaon)

Ein weiterer Vorteil war, dass ich nun bereits einen guten Überblick über den Smaragdeidechsenpfad und den Badberg bekommen hatte, und nun schon eine Vorstellung hatte, wo man am besten Ausschau halten könnte. Da ich mich im knapp 30 km entfernten Bad Krozingen einquartiert hatte, und ich nach dem langen und recht anstrengenden Marsch am Kaiserstuhl erst einmal einen etwas ruhigeren Tag einlegen wollte, besuchte ich am folgenden Tag  das nahe gelegene Staufen. Oberhalb des Ortes ragt ein größtenteils mit Wein bebauter Hügel, dessen Spitze von den Ruinen der Burg Staufen gekrönt werden.

Burgruine Staufen

Burgruine Staufen

Kurz unterhalb der Ruine sah ich dann auch die ersten Eidechsen auf meiner Reise, allerdings keine Smaragdeidechsen, sondern Mauereidechse (Podarcis muralis).

Mauereidechse (Podarcis muralis) unterhalb der Ruine Staufen

Zwar kein wirklicher Exot, doch immerhin ein Anfang. Auch konnte ich keine der unterhalb der Burgruine in den Streuobstwiesen teilweise vorkommenden seltenen Vogelarten wie Neuntöter, Wendehals oder Pirol ausmachen, aber immerhin zwei schöne Goldammern.

Goldammer weiblich

Leider sind diese Bilder nicht allzu scharf, da ich den maximalen Zoom meiner Kamera verwenden musste, und obendrein auch davon hier nur ein Bildausschnitt zu sehen ist.

Goldammer männlich

Auch Schlingnattern und Gottesanbeterin (Mantis religiosa) kommen in den nach Süden ausgerichteten Weinbergen unterhalb der Ruine vor, doch auch von ihnen war leider keine zu sehen. Dazu muss aber auch gesagt sein, dass man dafür auch schon ziemliches Glück haben muss. Ich habe bisher auch erst ein einziges Mal eine Schlingnatter gesehen, ein wunderschönes kupferfarbenes Männchen, noch dazu auf meinem eigenen Gartengrundstück. Auch Gottesanbeterinnen können selbst in Gebieten in denen sie durchaus verbreitet sind, extrem schwer aufzuspüren sein, wie ich bereits sowohl auf den Kanaren, als auch auf Kreta, Mallorca und in Oberitalien feststellen musste. Nichtsdestotrotz ist es gut zu wissen dass sie auch bei Staufen vorkommen.

Später am Tag fuhr ich dann etwas weiter in den Schwarzwald hinein, Richtung Münstertal. Vom Kloster St. Trudpert aus machte ich eine anfangs recht vielversprechende  Tour den Wald hinauf, welche später allerdings dermaßen langweilig und eintönig wurde, dass ich mich wieder zur Umkehr entschloss. Auf einer großen Lichtung hörte ich es einige Male im Unterholz rascheln, daher schaute ich mich auch hier gezielt nach Eidechsen um. Zu meiner größten Freude konnte ich tatsächlich wenig später eine Waldeidechse (Zootoca vivipara) ausmachen, welche sich auf einem Stück Holz unter dem Gras sonnte. Das hat mich besonders gefreut, da es gerade mal die vierte adulte Waldeidechse war, die ich bisher überhaupt gesehen habe. Wie man auf dem Bild erkennen kann, ist der für die Art typische lange und kaum vom Körper abgesetzte Schwanz hier gerade am Regenerieren:

Waldeidechse (Zootoca vivipara)

Waldeidechse (Zootoca vivipara)

Der ansonsten einzige interessante Anblick auf dem weiteren Verlauf des ansonsten tristen Weges weiter den Wald hinaus, jede Menge Fingerhüte:

DSC07794

Am nächsten Morgen war dann ein zweiter Ausflug zum Kaiserstuhl geplant, und dieses Mal war ich um etwa halb zehn Uhr morgens auch deutlich früher dran, und einer der allerersten Wanderer auf dem Badberg. Das war, wie sich noch heraus stellen sollte, auch sehr gut. Auf den höher gelegenen Stelle konnte ich auch am zweiten Besuch keine einzige Eidechse entdecken, doch etwa auf halber Höhe, mitten in einer Wiese neben dem Pfad, entdeckte ich meine allererste Smaragdeidechse, an die ich mich bis auf etwa einen halben Meter heranpirschen konnte. Wie man an der blau-türkisen Färbung am Kopf erkennen kann, unverkennbar ein Männchen:

Smaragdeidechsen-Männchen

Smaragdeidechsen-Männchen

Direkt an der Basis des Badberges sah ich dann noch einige weitere Smaragdeidechsen, darunter auch ein Weibchen. Mir fiel auf dass die meisten von ihnen eine extrem hohe Fluchtdistanz hatten, und teilweise schon flüchteten obwohl ich noch sechs bis sieben Meter entfernt war, und nur sehr langsam vorwärts ging. Dennoch gelangen mir ein paar brauchbare Bilder, wenngleich ich auch nicht jede der Smaragdeidechsen photographieren konnte, bevor sie verschwunden war. Leider liegt gerade ein besonders dicht von Smaragdeidechsen besiedelter Abschnitt des Badberges direkt an einem sehr stark von Wanderern frequentierten Weg, so dass es hier wirklich empfehlenswert ist frühzeitig Ausschau zu halten, bevor die scheuen Smaragdeidechsen vertrieben werden.

Ein besonders schönes und großes Männchen mit einem anscheinend noch vollständigen und noch nie regenerierten SchwanzL:

Smaragdeidechesen-Männchen

Smaragdeidechsen-Männchen

Hier ein Photo des ersten Weibchens das ich entdeckte. Man sieht deutlich dass ihr Grün weniger intensiv und teilweise von weiß durchzogen ist, und auch die blau-türkise Färbung am Kopf fehlt:

Smaragdeidechsen-Weibchen

Smaragdeidechsen-Weibchen

Hier ein etwas jüngeres Männchen, man sieht dass die Färbung noch nicht so intensiv ist, und auch die Proportionen des Kopfes anders sind:

Junges Smarageidechsen-Männchen

Junges Smarageidechsen-Männchen

Nachdem ich die Badberg-Strecke fertig abgelaufen hatte, beschloss ich es auch trotz der vorrangeschrittenen Stunde und entsprechend hohen Temperaturen kurz vor Mittag auch noch einmal auf dem Smaragdeidechsen-Pfad zu versuchen. Auch dort hatte ich Glück, und konnte noch ein paar Exemplare entdecken. Dabei ist anzumerken dass diese sich zum Großteil nicht an exponierten Stellen sonnten, sondern bereits im Gras und Gestrüpp neben den Wegen unterwegs waren.

Zuguterletzt sah ich auch das erste und einzige Jungtier, ein wunderschön goldgrün glänzendes kleines Smaragdeidechsen-Männchen:

Smaragdeidechsen-Jungtier

Smaragdeidechsen-Jungtier

Man sieht hier auch sehr schön die typischen Proportionen, der Schwanz ist ausgesprüchen lang und dünn, und der Kopf auch proportional deutlich größer als bei einer gleich großen aber bereits ausgewachsenen Zauneidechse, welche ebenfalls am Kaiserstuhl vorkommt.

Alles in allem ein äußerst erfolgreicher Vormittag und Mittag, an dem ich insgesamt zehn Smaragdeidechsen gesehen habe, plus ein paar weitere welche ich nur deutlich vernehmbar aber praktisch unsichtbar unter der trockenen Vegetation vernahm.

Danach begab ich mich noch Nach Breisach, und etwas später auf die fränzösische Seite des Rheins in die beeindruckende Festungsstadt Neuf-Brisach.

Die Befestigungsanlagen von Neuf-Brisach

Die Befestigungsanlagen von Neuf-Brisach

In den gewaltigen Grabenanlagen und auf den hohen Befestigungswällen konnte ich auch noch einige Eidechsen entdecken, sowohl ein paar Mauereidechsen, als auch etwas das mit ziemlicher Sicherheit eine männliche Zauneidechse gewesen ist. Wenn dem tatsächlich so war, habe ich innerhalb von zwei Tagen mit Ausnahme der Westlichen Smaragdeidechse sämtliche Eidechsenarten gesehen, welche in Mitteleuropa vorkommen.

Mauereidechse in Neuf-Brisach

Mauereidechse in Neuf-Brisach

Bevor ich am nächsten Tag wieder nach Hause fuhr, begab ich mich noch auf eine zweistündige geführte ornithologische Tour am Kaiserstuhl. Weitere Informationen dazu findet man hier auf der Seite des Naturzentrum Kaiserstuhl. Die mit geschätzt etwa 40 Teilnehmern sehr gut besuchte Veranstaltung war wirklich interessant und lohnenswert. Man erfuhr eine Menge über verschiedene Vogelarten welche zwischen dem Badberg und den gegenüberliegenden Weinbergen leben. Zu den Highlights gehören natürlich die Bienenfresser, welche mehrmals hoch in der Luft zu sehen und auch zu hören waren. Auch einige Bruthöhlen bekam man zu sehen. Allerdings flogen die Bienenfresser zu hoch um ohne sehr starkes Teleobjektiv vernünftige Photos machen zu können, was ich persönlich nicht ganz so schlimm fand, da ich letztes Jahr auf Kreta einige Bienenfresser auf deutlich kürzere Entfernung auf einer Stromleitung sitzen sah, und auch photographieren konnte.

Bienenfressser-Bruthöhlen

Bienenfressser-Bruthöhlen

Neben einigen weniger seltenen Vögeln wie Ringeltauben und Turmfalken war auch ein Kolkrabe und sogar ein Wespenbussard zu sehen, außerdem konnte ich während der Wanderung durch die Weinberge noch eine weitere Smaragdeidechse entdecken.

Wespenbussard (Pernis apivorus)

Wespenbussard (Pernis apivorus)

Alles in allem ein wirklich ereignisreicher und ausgesprochen schöner Kurzurlaub, in dem ich zahllose Sehenswürdigkeiten aus Natur, Kultur und Geschichte zu sehen bekam. Für mich auf jeden Fall auch ein Ziel für künftige Ausflüge.

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8 Antworten zu Bei den Smaragdeidechsen am Kaiserstuhl

  1. Bryan Maltais sagt:

    Hey Markus, excellent write-up, maybe I’ll make it to the Kaiserstuhl next time I visit Germany.

  2. Markus Bühler sagt:

    Would be great, and you could take some much better photos with your equipment than I did.

  3. Dillmann Robert sagt:

    Hallo.
    Guten Tag.
    Frage,möchte gerne zum Kaiserstuhl Bienenfresser Fotografieren? Anfänger.
    Wo Finde ich einen guten Platz??? wo ich nicht Stöhre .
    Braucht man eine Erlaubnis?.
    Was braucht man an Material Objective??

    Wo Bekomme ich Fotos von Bienenfresser.

    Danke.

    Dillmann Robert
    LUXEMBURG

  4. Markus Bühler sagt:

    Ich habe es leider selbst nicht geschaff die Bienenfresser richtig zu photographieren, da sie sehr hoch geflogen sind, und man sie immer nur aus großer Entfernung gesehen hat. Ohne ein wirklich gutes Teleobjektiv geht da sicher rein gar nichts. Ich würde vorschlagen an einer geführten ornithologischen Wanderung teilzunehmen, da bekommt man sicher die besten Informationen.

  5. Ursula Fritz sagt:

    Vielen Dank fürchten tollen Bericht.
    Werde die Zauneidechsen suchen und hoffentlich finden.

  6. Stefan sagt:

    Danke für den interessanten Bericht…werde mich nächste Woche ebenfalls in diese Gegend begeben und hoffe, einige schöne Motive zu finden…;)

    Gruß Stefan

  7. Der Bericht über die beiden Touren am Kaiserstuhl hat mir extrem gut gefallen. Wie vielfältig doch dieser Lebensraum genutzt wird. Deine (ist Du okay) vielfältigen Aufnahmen sind unheimlich sehenswert.
    Über deinen Artikel fiel ich allerdings durch das Stichwort Smaragdeidechse, Markus, und bin begeistert, hier nun wirklich exzellent gelungene Nahaufnahmen sehen zu bekommen. Ich las oben, du konntest tatsächlich bis auf einen halben Meter heranpirschen – das ist bei Eidechsen wirklich beachtlich, die bemerken einen ja sonst meist sehr schnell und reagieren bereits auf kleinste Erschütterungen! Bloß gut, dass du nach dem ersten Tage ohne „Fund“ nicht gleich aufgegeben hast! Es hat sich gelohnt. Was sind das für hübsche, grazile Wesen …

    LG Michèle

  8. Markus Bühler sagt:

    Hallo Michèle, ich habe hier ja auch eine andere Smaragdeidechsenpopulation direkt vor der Haustür (einfach in der Suchfunktion mal nach „Smaragdeidechse“ oder „green lizard“ suchen), die ich ziemlich oft besuche. An die kommt man teilweise auch wirklich sehr nahe heran, einem Freund von mir hat sogar tatsächlich mal eine am Finger geleckt als er mit der Kamera ganz nahe dran ist. Das war allerdings schon sehr ungewöhnlich.

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