Wer mit der Geschichte der Kryptozoologie vertraut ist, der wird bei dem Titel dieses Eintrages wahrscheinlich sofort gewisse Assoziationen haben, die ich hier allerdings gleich enttäuschen muss. Nein, es soll hier nicht um den Kadaver des seltsamen Meereswesens namens Trunko gehen (der mit allergrößten Wahrscheinlichkeit der verweste und vollkommen entstellte Körper eines Walhais oder vielleicht auch eines Wales gewesen ist), sondern um einen der bizarrsten Wale, die es jemals gegeben hat.
Makaracetus ist erst seit kurzem (2004) durch ein paar sehr fragmentarische Fossilien bekannt, unter denen sich glücklicherweise ein recht gut erhaltener Schädel von 53cm Länge befindet, der einst zu einem Wal von der Größe eines Belugas gehört haben dürfte. Seinen Namen hat er von einem asiatischen Fabelwesen namens Makara, das einen Fisch-oder Drachenförmigen Körper und Kopf besitzt, sowie einen kurzen Rüssel auf der Schnauze trägt. Der Schädel zeigt eine ganze Reihe von ungewöhnlichen Merkmalen, die so von keinem anderen Wal bekannt sind. Der Schädel an sich war recht breit und kompakt, die Schnauze dagegen relativ schmal, und verbreiterte sich leicht nach vorne hin. Von der Seite betrachtet stieg die Schnauze vor den Augen leicht an, um sich dann zu einer großen, schräg abfallenden Nasenhöhle zu öffnen. Die Form des Schädels zeigt, dass in der Schnauzenregion ursprünglich Ansätze für starke Muskeln saßen, und große Blutgefäße durch die Knochen führten, die nötig waren um das Gewebe vorne an der Schnauze hinreichend mit Blut zu versorgen.
Es ist sehr wahrscheinlich dass Makaracetus einen kurzen Rüssel besaß, womöglich ähnlich dem eines Tapirs. Daraus ergeben sich auch gleich weitere Hinweise auf die Lebensweise. Für einen im freien Wasser lebenden Wal hätte eine derartige Entwicklung relativ wenig Sinn gemacht, wohl aber für ein Lebewesen, das seine Beute am Boden suchte, und vielleicht zwischen Wasserpflanzen, im Schlick oder im Sand nach Beute suchte. Die Kiefer von Makaracetus beschreiben einen leichten Bogen nach unten, eine Anpassung die man auch von Tieren wie manchen Waranen kennt, die hartschalige Nahrung zu sich nehmen. Die Zahnreihen im Schnauzenbereich stehen sehr eng zusammen, wohingegen die an seitlich abgeflachte Kegel erinnernden Zähne relativ weit auseinanderstehen. Dies war sicherlich nicht die Bezahnung eines Fisch-oder Kopffüßer-Fressers, sondern eher eines Tieres, das sperrige Beutetiere wie mit einer groben Grillzange vom Boden aufnahm. Der Zahnbogen im hinteren Kieferteil ist dagegen recht breit, und die dortigen Zähne stehen eng und haben eine in der Aufsicht dreieckige, teilweise zerklüftete Oberfläche. Im Zusammenspiel mit der starken Kiefermuskulatur dürften sie gut geeignet gewesen sein, Krustentiere, Muscheln oder Schnecken aufzubrechen.
Man kann sich gut vorstellen dass ein kurzer muskulöser Rüssel sehr vorteilhaft war, am Boden nach Krusten-und Schalentieren zu suchen, und diese gegebenenfalls auch vom Boden oder von Steinen zu lösen, um sie dann mit den vorderen Zähnen zu packen, und mit den hinteren Backenzähnen zu zermalman. Wie dieser skurile Wal zu Lebzeiten nun tatsächlich ausgesehen hat, ist schwer zu sagen. Ich habe schon ein paar versuchsweise Rekonstruktionszeichnungen gemacht, die allerdings sehr spekulativ sind, etwa in Bezug auf die Position der Nasenöffnungen am Rüssel.
Erschwerend kommt hinzu dass bei Walen durch ihren dicke Fettschicht die äußere Form nur wenig Gemeinsamkeiten mit dem Schädel besitzt, etwa bei dem rundköpfigen Beluga, dessen Schädel ähnlich aussieht wie der eines Mosasauriers. Dass Makaracetus schon eine Melone besaß, ist relativ unwahrscheinlich, da es sich zum einen um eine sehr frühe Form handelte, und zum anderen bei der vermuteten Lebensweise eine Echolotwahrnehmung nur eine untergeordnete Rolle gespielt hätte.
Quellen:
Philip D. Gingerich et al. (2005): Makaracetus bidens, a new protocetid archaeocete (Mammalia, Cetacea) from the early middle Eocene of Balochistan (Pakistan). – Contributions from the Museum of Paleontology, University of Michigan 31: 197 – 210
Bilder vom Schädel gibt es hier:
http://deepblue.lib.umich.edu/bitstream/2027.42/41260/3/Vol%2031%20No%209%20Final.pdf