Heute ist der Elch Alces alces der größte Hirsch auf dem nordamerikanischen Kontinent. Der einstmals in sehr weiten Teilen Eurasiens verbreitete Riesenhirsch Megaloceros und seine Artverwandten haben die Neue Welt nie besiedelt, doch auch der Elch ist, erdgeschichtlich gesehen, erst vor relativ kurzer Zeit dort eingewandert, nämlich vor ungefähr 10.000-12.000 Jahren über die Bering-Brücke. Bis dahin lebte dort ein anderer riesiger Hirsch mit bizarrem Geweih, der „Hirschelch“ Cervalces scotti.
Cervalces scotti was sehr groß, und konnte eine Schulterhöhe von etwa 1,8 m und vermutlich Gewichte bis etwa 700 kg erreichen, vergleichbar dem Riesenhirsch oder großen Formen des modernen Elchs. In seiner Lebensweise ähnelte er stark dem Elch, und bewohnte sowohl sumpfige Landschaften, als auch Waldgebiete und Taiga.
Cervalces scotti enstammt einer frühen Besiedelungswelle primitiver Elche aus Eurasien, und ähnelt in vielen Merkmalen seines Schädels dem kleineren Libralces gallicus.
Das merkwürdig verdrehte Geweih mit den relativ kurzen Hauptstangen ist dabei vermutlich ähnlich wie beim Elch eine Anpassung an mehr baum-und strauchbewachsene Habitate, im Gegensatz zu den sehr weitausladenden Geweihen von Megaloceros giganteus, Libralces gallicus und Cervalces latifrons. Im Gegensatz zum Elch, dessen Schaufeln nach vorne gekrümmt sind, drehte sich der Schaufelteil des Geweihs bei Cercales scotti jedoch nach hinten, und war zudem in drei Hauptäste geteilt.
Noch mal eine andere Ansicht eines Skeletts aus dem Naturkunde Museum in Trento:
Man darf sich diese Art jedoch nicht einfach als einen Elch mit seltsam verdrehtem Geweih vorstellen, wie auf dieser historischen Darstellung von Robert Bruce Horsfall aus dem Jahre 1912 (von Wikipedai):
Elche haben eine ganze Reihe von ungewöhnlichen, und bei genauerer Betrachtung sehr bizarrer Merkmale und anatomischer Spezialisierungen. Dazu gehört die stark vergrößerte Nasenregion, welche sich am Schädel auch durch das sehr weit hinten liegende Nasenbein zeigt. Hier noch einmal zum Vergleich der Schädel eines modernen Elchs aus dem Naturhistorischen Museum in Mainz:
Cervcalces scotti sah einem normalem Hirsch weitaus ähnlicher, woher auch die verbreitete Bezeichnung „stag-moose“, also zu deutsch Hirschelch kommt. Auch in einigen anderen Merkmalen unterschied sich C. scotti vom Elch, so waren seine Beine proportional etwas länger, und der Hals weniger massiv. Hier eine sehr schöne Lebendrekonstruktion von Daniel Reed:
Möglicherweise war es auch die höhere Spezialisierung des Elchs, welche dazu führte dass er sich in großen Teilen Nordamerikas verbreiten konnte, während Cervalces scotti im Verlauf einer ungefähr 500-jährigen Koexistenz der beiden Arten ausgestorben ist. Möglicherweise trugen zu einem gewissen Grad auch klimatische Veränderungen zum Aussterben bei. Inwieweit die Kolonisierung durch den Menschen daran Anteil hatte, ist allerdings schwer zu sagen.
Quellen:
Valerius Geist, Deer of the World