Ein Blick ins Innere mariner Tetrapoden und warum Weichteile lügen

Im Laufe der Evolution haben ja zahllose bereits an Land lebende Wirbeltiere wieder den Schritt zurück ins Wasser gemacht, um sich zu amphibischen oder sogar vollaquatischen Lebensformen zu entwickeln.  Zu diesem Thema gibt es im Naturkunde-Museum Berlin eine Reihe wirklich schönen Ausstellungsstücken, welche die Skelette verschiedene marine Tetrapoden in Schwimmstellung zeigen, welche zur Hälfte als Modell des lebenden Tieres dargestellt sind. Dabei sieht man nicht nur sehr gut wie sich das Skelett ins Innere eines Tieres „einfügt“, sondern man erkennt bei den Detailaufnahmen auch viele anatomischen Besonderheiten. Da die Modelle in Vitrinen ausgestellt waren, konnte ich wegen der Spiegelung leider nicht die ganzen Präparate am Stück photographieren, sondern leider immer nur teilweise. Besonders schön finde ich dieses halbseitig verkleidete Skelett eines Pinguins (entweder ein Königspinguin (Aptenodytes patagonicus) oder ein Kaiserpinguin(Aptenodytes forsteri) ). Man sieht sehr schön die ringförmig um das Auge angeordneten Knochenplättchen, und auch dass die äußerliche Erscheinung des Halses völlig anders ist als die tatsächlichen skeletalen Verhältnisse. Von außen erscheint der Hals relativ kurz und gestreckt, tatsächlich ist er aber S-förmig angezogen, und kann noch deutlich nach vorne gestreckt werden.

Pinguin Skelett

Ähnliche Verhältnisse erkennt man auch bei diesem Skelett eines Seehundes (Phoca vitulina), der Hals erscheint auch hier von außen gerade zu sein, ist aber tatsächlich ebenfalls S-förmig gebogen. Diese typische Haltung des Halses ist innerhalb der Tetrapoden extrem weit verbreitet, angefangen bei Reptilien wie Leguanen und Krokodilen, bis hin zu Vögeln und den meisten Säugern, selbst wenn man es am lebenden Tier kaum vermuten würde, da das Weichgewebe oftmals keinerlei Rückschlüsse auf die Ausrichtung der Halswirbelsäule ermöglicht. Man achte auch auf das sehr lange Brustbein (Sternum) welches unterhalb des Halses an den Rippen entspringt.

Seehund Skelett

Ein anderes Bild findet man bei diesem Gewöhnlichen Schweinswal (Phocoena phocoena).  Die extrem kurzen und ineinander praktisch unbeweglichen Wirbel sind gerade nach vorne gerichtet, und ensprechen den äußeren Umrissen. Allerdings sieht man auch seh gut, dass die Umrisse des lebenden Tieres nur äußerst vage mit dem tatsächlichen Schädel übereinstimmen. Das liegt nicht nur an der Melone welche sich in der Stirnregion befindet, sondern vor allem auch an den großen Mengen an Fettgewebe, welche sich vor allem im Bereich zwischen Unterkiefer und Hals befinden. Auch das große und gut ausgebildete Zungenbein, sowie die für Schweinswale typischen kurzen stumpfen Zähne sind gut zu erkennen.

Schweinswal Skelett

Wieder andere Verhältnisse findet man bei dieser Schildkröte. Ich bin mir nicht ganz sicher um was für eine Art es sich handelt, möglicherweise war es eine Echte Karettschildkröte (Eretmochelys imbricata). Hier sind die Form des Schädels und die Form des Kopfes wie bei Reptilien üblich fast vollkommen kongruent. Es liegt kaum Weichgewebe über den äußeren knöchernen Schädelanteilen, sondern fast sofort die Haut mit den in sie eingelagerten Hornschildern. Die Halswirbelsäule ist auch hier wieder sehr interessant, wenn auch schlecht zu erkennen, denn sie ist an der Öffnung des Panzers fast rechtwinkelig nach oben gebogen, um dann in einem zweiten rechten Winkel in die mit dem Rückenpanzer verwachsene Wirbelsäule des Rückens überzugehen.

Schildkröte Skelett

Hier sieht man noch mal eine Frontalansicht des Schildkrötenschädels mit der halbseitigen Lebenddarstellung (bei der es sich vermutlich um einen Abguss handelt):

Schildkröte Schädel frontal

Mehr über die merkwürdige Divergenz zwischen der Form der Halswirbelsäule und des sie umgebenden Weichgebwebes findet man in vielen tollen Bildern und interessanten Hintergrundinformationen auch auf Tetrapodzoology und Sauropod Vertebra of the Week:

http://scienceblogs.com/tetrapodzoology/2009/05/sauropods_held_necks_erect.php

http://svpow.wordpress.com/2009/05/31/necks-lie/

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2 Antworten zu Ein Blick ins Innere mariner Tetrapoden und warum Weichteile lügen

  1. Sven sagt:

    😀 Passend zu dem Thema Blick ins Innere und wie lang der Hals eines Pinguins wirklich ist habe ich dieses Bild gefunden 😀

    http://i473.photobucket.com/albums/rr97/Svenimal/1246726953588.jpg

  2. Cronos sagt:

    Ja, ich glaube das Bild kenne ich sogar, oder zumindest ein ganz ähnliches. Da ist auch noch eines dabei, welches die Szene einen Augenblick vorher zeigt, als der Pinguin noch am Stück ist. Ich muss unbedingt mal über Seeleoparden schreiben.

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